Somaliland nach dem Tod Präsident Egals

Staat ohne Lizenz

Was macht einen Staat zu einem Staat? Die Republik Somaliland am Horn von Afrika hat fast alle Attribute, die dazugezählt werden: Verfassung, Regierung, Parlament, Gerichte und Polizei, eine Staatsbank samt eigener Währung, eine Hymne und eine Fahne. Und offenbar sogar die Loyalität großer Bevölkerungsteile. Was fehlt, sind zwei Dinge: eine eigene Internetdomain und die internationale Anerkennung als unabhängiger Staat.

Diese Anerkennung zu erhalten, war das zentrale Anliegen von Mohamed Egal, dem vor knapp zwei Wochen verstorbenen Präsidenten des Beinahestaats. Doch aus Angst vor einer Ermutigung separatistischer Bestrebungen in der Region betrachten Regierungen und internationale Organisationen das Land weiter als Teil Somalias.

Somaliland, das Egal seit 1993 regierte, ist inmitten einer von gewaltsamen Konflikten geprägten Region weitgehend stabil. Die Hauptstadt Hargeisa gilt sogar als eine der sichersten Städte Afrikas, und vor allem durch den Export von Vieh entwickelte sich ein leichtes Wirtschaftswachstum. Bislang sind auch die von Beobachtern erwarteten Auseinandersetzungen um die Nachfolge des Präsidenten ausgeblieben. Schon drei Stunden nach Egals Tod wurde der Vizepräsident Dahir Riyale Kahin zum Übergangspräsidenten ernannt. Alles sei entsprechend den Bestimmungen der Verfassung abgelaufen, erklärte der Vertreter Somalilands in den USA, Saad Noor, gegenüber der Nachrichtenagentur allafrica.com. Auch die für Ende des Jahres angekündigten Wahlen würden wie geplant abgehalten: »Sie werden stattfinden, und es gibt keine Absicht, sie zu verschieben.«

Somaliland war während der Kolonialzeit britisches Protektorat und vereinigte sich 1960 mit dem von Italien kolonisierten Teil Somalias. Doch während des seit 1991 andauernden Bürgerkriegs zerfiel insbesondere der südliche Teil Somalias in eine Vielzahl von kleinen Herrschaftsgebieten einzelner Warlords und Clans, woraufhin Somaliland sich für unabhängig erklärte. Gegenwärtig gibt es in Somalias Hauptstadt Mogadischu zwar eine Übergangsregierung, deren Autorität reicht jedoch kaum über ihren Amtssitz hinaus. Und auch die Somaliland benachbarte autonome Region Puntland ist nach einer friedlichen Phase wieder umkämpft.

Als im Herbst des vergangenen Jahres Somalia zum Ziel eines militärischen Schlags der USA zu werden schien, bot Somaliland einen Flughafen als Stützpunkt an und hoffte auf diesem Weg, die Anerkennung zu erhalten. Doch anscheinend haben sich keine weiteren Hinweise auf Ausbildungslager der al-Qaida oder anderer islamistischer Terroristen finden lassen, und das US-Verteidigungsministerium wiegelt nun ab. »Es gibt nicht notwendig eine militärische Mission, mit der wir Stabilität in Somalia schaffen - heute, morgen oder im nächsten Monat«, erklärte der stellvertretende Verteidigungsstaatssekretär, Michael Westphal, im April.

Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping sagte indessen am Samstag im Deutschlandradio, dass die von der Bundeswehr geleitete Seeüberwachung am Horn von Afrika »auf einem guten Wege« sei. Die Marine sammele Daten, um ein Raster über Strukturen und Wege des Terrorismus erstellen zu können. Auskunft über konkrete Aktionen verweigerte ein Sprecher des Ministeriums gegenüber Jungle World allerdings. Derzeit scheinen Scharpings Soldaten kaum mehr zu tun zu haben, als die aus Somaliland exportierten Rinder zu zählen.