Die USA gegen den Weltgerichtshof

Nichts als Ärger

Für die einen ist er ein wichtiges Instrument zur weltweiten Durchsetzung der Menschenrechte, für andere lediglich ein weiteres Machtzentrum der internationalen Politik: der internationale Strafgerichtshof in Den Haag, der Anfang 2003 die Arbeit aufnehmen soll. Ihre guten Erfahrungen mit dem bislang nur zu gegebenen Anlässen zusammengerufenen Haager Kriegsverbrechertribunal hatten einige Regierungen, vor allem von EU-Staaten, auf die Idee gebracht, an der Stelle des Haager Tribunals ein permanentes Weltgericht zu etablieren.

In interessierten Kreisen war die Freude groß, als der frühere US-Präsident William Clinton am letzten Tag seiner Amtszeit seine Unterschrift unter ein Papier setzte, das die Beteiligung der USA an der Organisation des Weltgerichtes zum Inhalt hatte. Zwar legte Clinton den Vertrag nicht dem Kongress zur Ratifizierung vor, aber die Beteiligung an den Vorverhandlungen wurde allenthalben als positives Signal gewertet, vor allem auf Seiten der Menschenrechtler und der Menschenrechtsrhetoriker aus Europa.

Es folgte eine Serie von Enttäuschungen. Auf Druck der USA wurden einige Tatbestände aus der Liste der zu verfolgenden Verbrechen gestrichen, unter anderem das Führen eines Angriffskrieges und die Verwendung von Anti-Personen-Minen. Andererseits konnte man sich zum Leidwesen der US-Verhandlungsführer auf keine gemeinsame Definition des Terrorismusbegriffs einigen. In der letzten Woche hat die Bush-Administration ihre Unterstützung des hauptsächlich von der EU finanzierten Weltgerichts widerrufen und sich dafür die erwartete Schelte von Menschenrechtsgruppen, Teilen der Demokratischen Partei, EU-Regierungen und vom Nato-Partner Kanada eingehandelt: militärischer Unilateralismus, Behinderung der weltweiten Durchsetzung der Menschenrechte, Selbstgerechtigkeit lauteten einige der Vorwürfe.

Richtig aufregen mochte sich aber niemand. Die Beteiligung der USA an den Vorverhandlungen war zu offensichtlich vor allem deshalb erfolgt, um die Befugnisse des Weltgerichts einzuschränken. Bei der Begründung des Ausstiegs nahm die US-amerikanische Regierung dementsprechend auch kein Blatt vor den Mund: Die Möglichkeit, dass Amerikaner irgendwann vor dem Gericht landen könnten, würde die weltweite Handlungsfähigkeit der US-Streitkräfte zu sehr einschränken.

Mit der Austrittserklärung war der Hinweis verbunden, dass die USA nun bezüglich des Weltgerichtes nicht mehr an die Wiener Vertragskonvention von 1969 gebunden seien. Diese verbietet es Staaten, offen gegen internationale Verträge zu opponieren, an deren Aushandlung sie beteiligt waren. Außerdem wird im US-Kongress derzeit eine Gesetzesvorlage der Regierung verhandelt, die es dem Präsidenten erlaubt, Amerikaner, die im Ausland vor Gericht stehen, mit Waffengewalt befreien zu lassen.

Erst die Hinhaltetaktik bei den Verhandlungen, dann der Ausstieg zum letztmöglichen Zeitpunkt und nun offener Widerstand — auch in Diplomatenkreisen ist das sicherlich nicht die feine Art. Dennoch führt die vorbehaltlose Identifikation mit der Kritik am Ausstieg der USA zu nichts. Ebenso wie die Haager Tribunale wird der EU-finanzierte Weltgerichtshof nicht die politisch neutrale, allein den Menschenrechten verpflichtete Institution sein, als die er von seinen Unterstützern gerne hingestellt wird.

Die Erfahrungen mit UN-Gremien, wie zum Beispiel der Rauswurf aus der Menschenrechtskommission im vergangenen Jahr und die Anti-Rassismus-Konferenz von Durban, auf der die USA antiisraelische Resolutionen nicht verhindern konnten, machen Bush die Entscheidung leicht. Man begibt sich nicht in die Hände seiner Gegner. Hinsichtlich des politischen Eigeninteresses der USA ist das konsequent.