Kirch beantragt die Insolvenz

Die Macher machen nichts

Alles schien optimal zu laufen für Edmund Stoiber, den Kanzlerkandidaten der Union. Die Arbeitslosenrate ist nach wie vor sehr hoch, und die SPD hangelt sich von einer Krise zur nächsten. Stoibers Wahlkampfstrategie stand fest: Als Macher, der die Wirtschaft im Lande voran und Deutschland wieder an die Spitze bringt, wollte er sich präsentieren. Laptops und Lederhosen für die ganze Republik.

Doch Stoibers Image hat schwere Kratzer abbekommen. Denn die Pleitewelle hat auch Bayern erreicht. Nach dem Niedergang des Flugzeugherstellers Fairchild Dornier hat nun am vergangenen Montag der Medienkonzern Kirch beim Amtsgericht in München die Insolvenz beantragt. 9 000 Beschäftigte müssen um ihren Arbeitsplatz fürchten.

Kirch ist nicht irgendein Unternehmen in Bayern. Kaum ein anderer Konzern ist so mit der bayerischen Staatsregierung verwoben. Mit mehr als zwei Milliarden Euro hat die Bayerische Landesbank, die zu fünfzig Prozent im Besitz des Landes Bayern ist und in deren Aufsichtsrat mehrere CSU-Politiker sitzen, den Konzern unterstützt. (Jungle World, 15/01) Stoiber dürfte nun versuchen, sich als Retter der profitablen Teile des Konzerns aufzuspielen und seine Beteiligung am Desaster zu verheimlichen. Doch so leicht wird es ihm nicht fallen.

Es klingt wie ein schlechter Witz, wenn er, der auch Verwaltungsratsvorsitzender des Fußballclubs FC Bayern München ist, der wiederum enorm von den Fernsehgeldern der Kirch-Gruppe profitiert hat, nun den Fußballprofis rät, »notfalls den Gürtel enger zu schnallen«. Das Problem des Kirch-Konzerns war keines von überhöhten Fußballergehältern. So kommen keine sieben Milliarden Euro Schulden zusammen.

Die jüngsten Pleiten entstanden vielmehr im Spannungsfeld zwischen nationalistischer Standortpolitik und den Erfordernissen des freien Marktes. Für Kirch flossen immer die Kredite, und der Konzern konnte mit ihnen zweifelhafte Projekte, wie den Pay-TV Sender Premiere, verwirklichen. Warfen sie nicht den gewünschten Profit ab, spendierten die Banken noch mehr Geld. Man tat alles, um Leo Kirch zu einer Monopolstellung auf dem deutschen Fernsehmarkt und einer guten Position in der internationalen Konkurrenz zu verhelfen.

Nun sollen die Reste des Konzerns vor einer »feindlichen« Übernahme, etwa durch Rupert Murdoch oder Silvio Berlusconi, verteidigt werden, koste es so viele Arbeitsplätze, wie es wolle. Hauptsache, das Unternehmen bleibt in deutscher Hand. Doch es ist fraglich, ob diese Abschottungspolitik noch einmal zum Erfolg führt.

Bundeskanzler Gerhard Schröder scheiterte jedenfalls in der vergangenen Woche mit seinem Versuch, sich ähnlich wie in der Holzmann-Krise als Retter zu profilieren. Die Idee, dass der Staat mit hundert Millionen Euro dem Kirch-Konzern aus der prekären Lage helfen solle, stieß auf vehemente Kritik. Der Staatsinterventionismus, egal ob von Schröder oder von Stoiber betrieben, ist vorerst an seine Grenzen gestoßen.

Zwar solle es für Kirch auch jetzt wieder eine »deutsche Lösung« geben, wie aus Kreisen der Gläubigerbanken zu vernehmen war. Doch diese »deutsche Lösung« sieht anders aus, als die Politik sie sich wünscht. Die Banken drängen auf eine Beteiligung auch ausländischer Investoren an den Auffanggesellschaften und verhelfen damit dem freien Markt zu seinem »Recht«. Mit wem sie ihre Geschäfte machen, ist den Banken egal, solange sie profitabel sind. Oder wie der Kabarettist Dieter Hildebrandt 1994 angesichts der Krise um den Bauunternehmer Jürgen Schneider sagte: »Das Geld der Banken ist im Eimer. Macht aber nichts, denn ihnen gehört der Eimer.«