Jörg Haider bei Saddam Hussein

Die Feinde des Feindes

Jörg Haider geht auf Tauchstation, nachdem er wegen seines Besuchs im Irak heftig kritisiert wurde.

Den Höhepunkt der jüngsten internationalen Freundschaftsbesuche bildete der Besuch Jörg Haiders beim irakischen Präsidenten Saddam Hussein. Der Kärntner Landeshauptmann, der auch zum libyschen Regime gute Beziehungen unterhält und mit dem Sohn und designierten Nachfolger Muammar al-Gaddafis befreundet ist, reiste zu Beginn der vergangenen Woche nach Bagdad.

Dort sprach er nicht nur dem »irakischen Volk und seiner weisen Führung« die Solidarität des »österreichischen Volkes« aus, sondern unterhielt sich mit Saddam Hussein auch über die »weltweite Verschwörung der Zionisten und Amerikaner«. Die Beziehungen zwischen der FPÖ und der im Irak regierenden Baath-Partei sollten, so berichtete das irakische Fernsehen, nach dem Wunsch Haiders intensiviert werden.

Zurück in Österreich, wollte Haider all das nicht gesagt haben. Er habe nicht von der Solidarität mit der »weisen Führung« gesprochen, sondern lediglich die »Solidarität des österreichischen Volkes mit dem irakischen Volk« bekundet. Überhaupt sei seine Reise rein humanitären Charakters gewesen und habe nur dazu gedient, für die vom FPÖ-Bundesrat John Gudenus und vom FPÖ-Anwalt Ewald Stadler gegründete Österreichisch-Irakische Gesellschaft medizinische Hilfsgüter in den Irak zu bringen. Zudem seien »alle maßgeblichen Stellen« über seine Reise informiert gewesen.

Genau das bestreiten jedoch Außenministerin Benita Ferrero-Waldner und Bundeskanzler Wolfgang Schüssel. Beide beharren darauf, nichts von Haiders Reise gewusst zu haben. Schüssel äußerte sich verwundert darüber, dass für die Überbringung einer Hilfslieferung ein »Handshake mit einem Diktator, der Blut an seinen Händen hat« notwendig sei.

Selbst aus der eigenen Partei bekam Haider unerwartet deutliche Kritik zu hören, so von seinem Ziehsohn, dem Fraktionsvorsitzenden im Wiener Parlament, Peter Westenthaler, und mehreren FPÖ-Regierungsmitgliedern. Westenthaler forderte, dass sich die Partei entscheiden müsse, ob sie regieren oder weiterhin Opposition spielen wolle. Die Parteivorsitzende Susanne Riess-Passer versuchte, in den USA auf Tauchstation zu gehen.

Die parteiinternen Distanzierungen veranlassten Haider am vergangenen Freitag schließlich zu einem erbosten Statement im Fernsehen. Bei seinem Auftritt als »einfaches Parteimitglied« versprach er zum zweiten Mal - nachdem er im Jahr 2000 als Bundesparteiobmann der FPÖ zurückgetreten war -, sich aus der Bundespolitik zurückzuziehen und in Zukunft nur noch als Landeshauptmann »das Maximum für Kärnten« herauszuholen. Der beleidigte Haider schloss sogar jede weitere Wahlkampfhilfe für seine Partei aus. Die Erfahrung spricht aber nicht unbedingt dafür, dass diesmal tatsächlich ein endgültiger Abschied Haiders aus der Bundespolitik bevorsteht. Mit seiner Rückkehr ist jederzeit zu rechnen - möglicherweise sogar an der Spitze einer Partei nach dem Vorbild der bayerischen CSU, wie österreichische Medien am Wochenende spekulierten.

Heftiger, aber nicht weniger substanzlos als die Bundesregierung reagierte die Opposition auf Haiders Reise. Alexander van der Bellen, Parteivorsitzender der Grünen, befand, dass Haider nun »offenbar vollkommen durchgeknallt« sei. Die SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Doris Burnes weiß vom Irak offensichtlich nicht mehr, als dass seine Regierung eine böse sein soll. Sie befürchtete deshalb konsequenterweise, dass Österreich durch Haiders Reise »in die Nähe eines unberechenbaren Schurkenstaates gestellt« werde.

Über den vermeintlichen Inhalt der Unterhaltung zwischen dem österreichischen und dem arabischen Nationalisten beschwerte sich niemand. Niemand äußerte sich dazu, dass Haider nur wenige Tage nachdem er sich für seine schlimmsten verbalen Ausfälle gegen den Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde, Ariel Muzicant, hatte entschuldigen müssen, zu einem antisemitischen Staatsoberhaupt pilgerte. Auch sein Gedankenaustausch mit Hussein über die »weltweite Verschwörung der Zionisten« stieß nicht auf Unmut.

Kritischer als in Österreich wurde Haiders Besuch in Bagdad dagegen auf internationaler Ebene behandelt. Mittlerweile wurden auch erste rechtliche Schritte gegen Haider eingeleitet, da er keine Einfuhrgenehmigungen für seine »Hilfsgüter« vorweisen konnte.

Positiv äußerte sich dagegen Franz Schröder, der Handelsdelegierte der erst vor einem Jahr wieder eröffneten Außenhandelsstelle der Bundeswirtschaftskammer im Irak. Haider selbst hob hervor, welche wirtschaftliche Bedeutung seinem Besuch zukomme. Er berichtete von konstruktiven Gesprächen mit Vizepremier Tarek Aziz, Außenminister Naji Sabri, den Haider aus dessen Zeit als Botschafter in Wien kennt, Bildungsminister Homam Abdel Ghafour sowie Erdölminister Amer Mohammed Rasheed. Österreich habe im Irak »große Chancen«, so Haider.

Dabei wäre sein Ausflug für die Verbesserung der österreichischen Wirtschaftskontakte mit dem Irak gar nicht notwendig gewesen. Östereich pflegte bereits in der Vergangenheit ausgezeichnete ökonomische Beziehungen zu Staaten, die unter internationaler Isolation zu leiden hatten. Nach Angaben des Wirtschaftsblatts, einer der FPÖ wohlgesonnenen Tageszeitung, gehören »unter den deklarierten Schurkenstaaten« der Iran, der Irak und Libyen zu den wichtigsten österreichischen Handelspartnern. Beliefen sich die österreichischen Exporte in den Irak 1999 noch auf 11,6 Millionen Euro, stiegen sie ein Jahr später schon auf 31,1 Millionen, um in den ersten zehn Monaten des vergangenen Jahres auf 66,4 Millionen Euro zu klettern.

In St. Veit an der Glan, im von Haider regierten Kärnten, lebt auch ein wichtiger irakischer Geschäftsmann, der verurteilte 60jährige irakische Waffenhändler Abdul Moneim Jebara. Er bezeichnet sich selbst nur als Import- und Export-Händler. Österreichische und deutsche Behörden betrachten ihn aber als Verbindungsmann des irakischen Baath-Regimes zu sympathisierenden Rechtsextremisten aus Deutschland und Österreich sowie zu islamistischen Gruppen in Europa. Jebara koordiniert Hilfsprojekte europäischer Rechtsextremer für den Irak und pflegt enge Beziehungen zur Österreichisch-Irakischen Gesellschaft und zur FPÖ.

Das irakische Baath-Regime teilt vor allem den Antisemitismus und den Antiamerikanismus mit europäischen Rechtsextremisten und Islamisten. Genau hier finden sich aber auch Anknüpfungspunkte zur »antiimperialistischen« Linken, die in Österreich vor allem von der ex-trotzkistischen Revolutionären Kommunistischen Liga (RKL), der maoistischen Kommunistischen Aktion (Komak) und vom Zusammenschluss der Antiimperialistischen Koordination (AIK) repräsentiert wird.

Diese Gruppen veranstalten immer wieder Solidaritätsdemonstrationen, auf denen die irakischen Nationalfahnen mit dem erst im zweiten Golfkrieg von Saddam Hussein eingefügten Satz »Gott ist groß« getragen werden. Mit irakischen Kommunisten kam es deshalb im Herbst 2000, auf dem Pressefest der KPÖ, zu handfesten Auseinandersetzungen, als sich die österreichischen Antiimperialisten weigerten, die Fahne jenes Diktators wieder einzurollen, der die Iraker zu Flüchtlingen gemacht hatte.

Während Haider gerade bei Saddam Hussein in Bagdad weilte, rief die AIK erneut »alle demokratischen und antiimperialistischen Kräfte der Welt« dazu auf, »so schnell wie möglich eine Kampagne zur Verteidigung des Irak gegen die bevorstehende Aggression zu starten, um die weitere Zerstörung des Irak zu verhindern«. Die Globalisierung könne nur im Kampf gegen den Imperialismus überwunden werden, hieß es in dem Aufruf. Und wenn nötig, eben auch mit Hilfe von Saddam Hussein und Jörg Haider.