Zweifel am Einsatz der Bundeswehr in Mazedonien

Sommerloch-Pazifisten

Schlecht ist es nicht, dass immer mehr Bundestagsabgeordnete gegen einen Einsatz der Bundeswehr in Mazedonien stimmen wollen. Bliebe es bei den 21 SPD-Parlamentariern, die am Wochenende eine entsprechende Erklärung verbreiteten, käme die rot-grüne Regierungskoalition aus eigener Kraft nicht auf die erforderliche Mehrheit. Da neben mindestens vier Grünen fast alle FDP-, Unions- und PDS-Abgeordneten an ihrem Nein zu einem Mazedonien-Einsatz festhalten, könnte das Anliegen der humanitären Kriegsverbrecher um Gerhard Schröder, Rudolf Scharping und Joseph Fischer, in Mazedonien ein weiteres Nato-Protektorat zu installieren, tatsächlich scheitern.

Doch der Eindruck, die Einsatzgegner im Parlament hätten zwei Jahre nach den Nato-Bomben auf Jugoslawien die Konsequenz aus dem ersten deutschen Angriffskrieg seit 1945 gezogen, täuscht. Wohlwollende Aufmerksamkeit der eigenen Minister vorausgesetzt, ist die Bereitschaft der vermeintlichen Dissidenten, das Gehirn abzuschalten, nach wie vor überwältigend. »Es ist ja die Aufgabe eines jeden Koalitionsabgeordneten, für die Mehrheit der Regierung zu sorgen«, erklärte etwa der Einsatzgegner Harald Friese. Und sein Kollege im Geiste wie im Hohen Hause, Peter Dreßen, räumte ein, sich den »Argumenten der Befürworter nicht von vornherein verschließen« zu wollen.

Keine schlechte Basis also für die von SPD-Fraktionschef Peter Struck ins Feld geschickte schnelle parlamentarische Eingreiftruppe aus Gernot Erler, Gert Weisskirchen und Peter Zumkley, die Sommerloch-Pazifisten doch noch zum Einlenken zu bewegen. Zumal sich der Antimilitarismus der dummen Kerls seit der Regierungsübernahme im Herbst 1998 ohnehin auf die Frage reduziert hat, wie die Bundeswehr ihre Missionen auf dem Balkan zu gestalten habe. Dass deutsche Truppen in Südosteuropa intervenieren sollen, steht außer Frage, wie auch die von Friese, Dreßen & Co. verfasste Erklärung »Deutsche Außenpolitik muss Friedenspolitik sein« zeigt. »Wir haben grundsätzliche Zweifel an der Überlegenheit eines militärischen Instrumentariums gegenüber dem politischen Instrumentarium zur Krisenbewältigung und Konfliktlösung.«

Zur Erinnerung daran, wohin grundsätzlich gehegte Zweifel dieser Art in Deutschland in der Regel führen, genügt ein kurzer Rückblick auf die Debatte des Bundestages vom 16. Oktober 1998, in deren Anschluss 500 von 580 Abgeordneten der Beteiligung von Bundeswehrsoldaten an einem Nato-Einsatz gegen Jugoslawien zustimmten. Stellten Gegner wie Befürworter dieses so genannten Vorratsbeschlusses doch gleichermaßen unter Beweis, dass vor jedem im Parlament gefassten Gedanken immer noch die außenpolitische Handlungsfähigkeit Deutschlands zu stehen habe. Der ehemalige Verteidigungsminister Volker Rühe, der heute ebenfalls zu den Gegnern eines Mazedonien-Einsatzes zählt, brachte diese Haltung seinerzeit so auf den Punkt: »Wenn man in der Opposition ist, kann man sich enthalten. Aber wenn Sie in der Regierungsverantwortung sind, dann müssen sie handeln.«

Unabhängig davon, ob das sinnvoll ist oder nicht, wie sich ein halbes Jahr später herausstellte. So erklärte am Tag nach dem Beginn des Nato-Krieges gegen Jugoslawien der Inbegriff innerer grüner Zerrissenheit, die Abgeordnete Angelika Beer: »Ich hoffe, dass diejenigen, die uns oder mich persönlich als Kriegstreiber bezeichnen, endlich die Antwort auf die Frage geben, was denn die Alternative zu dieser schwierigen Entscheidung gewesen wäre.«

Zwei Jahre später haben die Antiinterventionisten parlamentarischer Prägung die Antwort längst gegeben. Was die Sache allerdings nicht besser macht. Mit Uno-Mandat und OSZE-Beobachtern ließe sich »ein erneuter Alleingang der Nato« vermeiden. So gesehen erscheint das beherzte Engagement der zwei Dutzend Koalitionsabgeordneten gegen den Mazedonien-Einsatz in klarerem Licht: als Maßnahme nachholender Gewissensberuhigung.