Mediziner im politischen Kampf gegen das Doping

Normierte Klitoris

Ein Fachmann und Missionar produziert im politischen Kampf gegen das Doping lustige Blüten.

Der Sportausschuss des Deutschen Bundestages, dem veritable Staatsmänner wie Klaus Kinkel (FDP), Friedrich Bohl (CDU) oder Täve Schur (PDS) angehören, hatte in der vergangenen Woche zum seltenen Instrument einer Öffentlichen Anhörung gegriffen, um sich von ausgewiesenen Experten über »Doping im Freizeit- und Fitnessbereich« informieren zu lassen. Zu den geladenen Experten gehörte auch Prof. Dr. Friedhelm Beuker, Sportmediziner in Düsseldorf und bis zu seiner Übersiedlung in die Bundesrepublik im Jahr 1982 Verbandsarzt der DDR-Gewichtheber. Heute ist er Präsident des Deutschen Verbandes für Bodybuilding und Fitness.

Beuker gilt schon seit Jahren als Dopingexperte, und vor dem Bundestag erntete er Beifall. »Da hat ein Ex-DDR-Arzt sein Herz ausgeschüttet«, äußerte sich sehr bewegt Winfried Hermann, ein für die Grünen im Bundestag sitzender Sportexperte, und auch aus der PDS wurde die »Koryphäe Professor Beuker« gelobt. Vor etlichen Jahren fiel die Koryphäe bereits auf, als sie mitteilte, sie könne »anhand von Körpermerkmalen Listen aufstellen, welche Spitzensportler sich aufgrund von Dopingkonsum in akuter Lebensgefahr befinden«. Sein Verfahren, so führte Beuker damals weiter aus, helfe nicht nur bei der Abwehr von Lebensgefahr, sondern auch bei der Überführung von Dopingtätern.

Die Merkmale, die in seinen Listen stehen, sind: Milz- und Lebervergrößerung, überproportionale Länge von Nase und Kinn, Fehlverhältnisse von Körpergröße und -gewicht, vergröbertes Gesicht. Die Woche ließ sich damals inspirieren, eine Story ins Blatt zu setzen: »Woran erkennt man einen Dopingsünder?« Abgebildet wurde ein Bodybuilder, auf dessen Körper lauter Pfeile verwiesen.

Unter anderem erfuhr man dort: »Eine verlängerte Nase, auch Pinocchio-Nase genannt, ist typisch für Konsumenten von Wachstumshormonen.« Außerdem bewirkten sie ein »Monstergesicht« und ein »Drosselbartkinn«. Des Weiteren seien Dopingsünder an Pickeln im Gesicht, an »Glubschaugen«, an Haarausfall und besonders großen Händen und Füßen zu erkennen. Als wissenschaftlicher Berater dieser Story fungierte Prof. Dr. Friedhelm Beuker.

Beuker empört sich bereits seit längerem, dass seine Erkenntnisse die teuren Dopingtests immer noch nicht abgelöst hätten. Er fordert einen »optischen Sportlerpass«, in den ein Foto aus »normalen Zeiten« eingeklebt ist, das dann von kundiger Stelle mit dem aktuellen Gesicht des Probanden verglichen werden kann. Dass die Generation deutscher Ärzte, die das Gesichter-, Nasen- und Kinnvermessen gelernt hat, nur noch selten praktiziert, schreckt Beuker nicht. Es ist halt ein billiges und bewährtes Verfahren. In der Organisation, der er als Präsident vorsteht, dem Deutschen Verband für Bodybuilding und Fitness, konnte er endlich Fortschritte in seiner besonderen Art der Doping-Bekämpfung erzielen.

»Wir machen bei uns schon lange eine Sichtkontrolle«, erzählt er und verweist darauf, dass im Bodybuilding- und Fitnesssport Athleten auch dann vom Wettkampf ausgesperrt werden könnten, wenn keine klinischen Befunde vorlägen. Das ergebe sich schon aus dem Grundgedanken seines Sports: »Die Fitnessverbände postulieren den allseitig und nicht einseitig muskulär ausgebildeten Menschentypus, der auch in den Amateurwettkampfsystemen nicht mehr bevorzugt wird.« Wie das auszusehen hat, wenn der Menschentypus nach Geschlechtern unterteilt wird, erfährt man auch: »Bei den Frauen wird der frauliche und nicht mehr der übertrieben athletische Typus positiv bewertet«, weiß Beuker, »Virilismus ist ein negativer Bewertungsfaktor.« Virilismus ist, so weiß es der Duden, die »Vermännlichung der Frau«, sie gilt als eine der Nebenwirkungen, wenn Frauen anabole Steroide zu sich nehmen.

Professor Beuker kann ziemlich ausführlich darstellen, was bei Sportlern zum Wettkampfverbot, also bei Berufssportlern zum Berufsverbot bzw. bei Hobbysportlern zum Verbot, ein Studio zu betreten, führen sollte. »Wenn ein Mann kleine Genitalien hat beispielsweise«, erläuterte Beuker den interessiert lauschenden Abgeordneten, »oder wenn eine Frau eine vier Zentimeter lange Klitoris hat.« Solche Aspekte müssten in die Doping-Analytik aufgenommen werden. »Ob das allerdings justiziabel ist, habe ich damit nicht gesagt«, fügte er hinzu und sagte auch nicht, wer denn Eier und Kitzler begrapschen oder wer eine eventuelle B-Probe machen dürfte, vor welchem Sportgericht die maximal erlaubte Länge einer Klitoris erörtert würde und so weiter.

Justiziabel sollte nach Beukers Ansicht etwas anderes sein, denn die gesetzlichen Maßnahmen zur Bekämpfung des Dopings reichten nicht aus: »Insbesondere ist der Schutz der Jugendlichen vor gesundheitsgefährdenden Schriften zu regeln.« Seine Zensurvorstellungen weitet er auch gleich auf die Neuen Medien aus: »Der Missbrauch des Internet als Informations- und Beschaffungsmedium wäre zu ächten und gegebenenfalls zu unterbinden.«

Schon mehrmals sei er bei der Generalstaatsanwaltschaft Nordrhein-Westfalen vorstellig geworden, damit sie die Schriften aus der Bodybuilderszene, die überall zu erwerben sind, z.B. in Studios und im Versandhandel, aber auch an jedem Kiosk, als jugendgefährdend einstufe. Sie komme aber seinem Begehren nicht nach. Dabei handele es sich bei den Werken, zum Beispiel bei den Büchern »Anabole Steroide« von P. Grunding und M. Bachmann oder »Creatin - Anwendung im Bodybuilding« von D. Schulte-Weber, um »verderbliche Schriften«.

Weil die Staatsanwaltschaften sich aber gegenwärtig sehr lustlos zeigen, wenn es darum geht, den Schmutz-und-Schund-Begriff auf die Trainingswissenschaft auszudehnen, forderte Beuker vor dem Bundestagsausschuss die Einrichtung einer Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft, die »nicht nur Vertrieb und Verbrauch« von Dopingmitteln verfolgen solle, »sondern auch die entsprechenden sozialen Missstände (z.B. Missbrauch des Themas in den Medien einschließlich Internet, Verführung und Anleitung im Sport- und Schulbereich) überwacht und rechtliche Konsequenzen einleitet.«

Wie eng Anabolika zum kriminellen Milieu gehörten, wollte Beuker an einem besonderen Beispiel zeigen. »Im Verbrecher-Milieu«, so führte er aus, sei es üblich, dass man ein Päckchen Anabolika unterm Bett liegen habe, denn wenn es zum Prozess wegen Mordes, Totschlags oder Körperverletzung komme, könne man sich auf mildernde Umstände berufen, weil man ja durch Doping besonders aggressiv und reizbar geworden sei. Ein Dopingsumpf also, wo man hinschaut, schloss der Professor und zog seine Konsequenzen.

Wenn man neuerdings gegen Rechtsextremismus vorgehe, fasste Beuker schließlich sein Anliegen wirkungsvoll zusammen, dann müsse man wohl auch konsequenterweise gegen die Einnahme von Medikamenten und Nahrungsergänzungsmitteln in Sportstudios sowie gegen den Konsum von Ecstasypillen in Diskotheken vorgehen. Denn, so weiß Professor Beuker, »Doping ist medikamentöser Rechtsradikalismus«.