Steuermaßnahmen in China

Triebfeder der Entwicklung

Flughafen Shanghai. Wie in fast allen Wartehallen chinesischer Flughäfen flimmern auch hier »Mr. Bean»-Spots über die Bildschirme. Gerade als Rowan Atkinson ein mittelalterliches Buch zerlegt und dieses seinem Bibliotheksnachbarn unterschiebt, drängt sich von rechts eine chinesische Laufschrift ins Bild. »Zahle Deine Steuern, und mit Freude«, steht dort zu lesen. »Deine Steuern sind die Triebfeder der chinesischen Entwicklung!« »Ein steuerzahlender Bürger ist ein guter Volksgenosse!«

Chinas Regierung braucht Geld. Konjunkturprogramme, Infrastrukturmaßnahmen und die Übernahme der Sozialleistungen bankrott gegangener Staatsbetriebe haben die Staatskasse geleert. Nur - wie erzieht man eine Bevölkerung zur Steuermoral, die Abgaben an den Staat bisher nur als symbolischen Obolus kannte? Für die netto gleich brutto war und die die kürzlich eingeführten Sozialabgaben immer noch stark irritiert zur Kenntnis nimmt? Besonders kontrovers ist die Reform der Kfz- und Mineralölsteuer. Bisher standen hier pauschal nur etwa 200 Yuan (rund 25 Euro) pro Pkw zu Buche. Jetzt möchte die Regierung eine Mineralölsteuer einführen, bis zu zwei Yuan (0,25 Euro) pro Liter sind im Gespräch.

Pekings Taxifahrer haben dafür nur wenig Verständnis: »Erst haben sie die Miandis (Minitaxis, wegen ihrer Form Kastenbrote genannt, V.H.) abgeschafft, dann haben sie die Kilometerpreise für die verbliebenen Taxis reduziert und nun wollen sie uns auch noch über die Mineralölsteuer schröpfen! Peking hat etwas mehr als eine Million Autos, oder? Pro Auto 200 Yuan im Monat, über fünf Jahre, was macht das? Und wie viele Ringstraßen könnte man davon bauen? Wie viele Autobahnen?! Und was wird gebaut? Schau dir den Stau an - so gut wie nichts!« echauffiert sich ein Taxifahrer.

Tatsächlich wird wohl kaum ein Chinese bestreiten, dass die chinesische Regierung mehr Geld braucht. Nur dass sich die meisten die ironische Bemerkung nicht verkneifen könnten, dass Staatsbeamte schließlich ihre sozialen Verpflichtungen hätten: »Mätressen in teuren Eigentumswohnungen, Fressorgien mit Geschäftspartnern, Karaokeabende und fette Limousinen« werden immer wieder genannt.

Symbol der Korruption ist seit seiner Verhaftung 1995 der ehemalige Pekinger Bürgermeister Chen Xitong. Bis zu 18 Milliarden Yuan (1,9 Milliarden Euro) soll er an Staatsgeldern und finanziellen Zuwendungen aus der Wirtschaft in die eigene Tasche gewirtschaftet haben. Wie ein Mahnmal von Korruption und Vetternwirtschaft erhebt sich der neue Pekinger Westbahnhof in den smogverhangenen Himmel der chinesischen Hauptstadt. Chens letztes Großprojekt wurde dank seiner Hilfe um ein Vielfaches teurer als geplant.

Zur Steuermoral trägt dies nicht unbedingt bei. »Ich zahle doch jetzt schon zweimal 'Steuern'« sagt der Taxifahrer. »Bestechungsgelder für meine Lizenz und gelegentliche 'Spenden' für die Verkehrspolizei, wenn diese mich aufhält.« Und fährt am Westbahnhof vorbei. Die Spruchbänder zur Steigerung der Steuermoral, die den Bahnhof schmücken, ignoriert er.