Eröffnung der Weltausstellung

Öde Expo

»Eine Begegnung der Kulturen der Welt« hatte das Eröffnungsprogramm der Expo 2000 in Hannover versprochen. Affirmative Technik-Utopien in hochästhetischer High-Tech-Verpackung hingegen erwarteten KritikerInnen der Weltausstellung. Doch geboten wurde am 1. Juni zuallererst Langeweile.

Eröffnung und »Weltfest« bestanden vor allem aus traditionellen Ritualen. Nach dem klassischen Scherenschnitt am roten Band stiegen Luftballons rührend in die Luft. Zahlreiche Künstlertrupps in folkloristischer Verkleidung verbreiteten derweil professionell multikulturelles Flair: Das Stadtteilfest konnte beginnen.

Seine Steigerung erfuhr der Multikulti-Kitsch nur noch durch die zugespitzten Darbietung landesspezifischer Klischees in den meisten Länderpavillons: Touristikmesse pur. Aufdringlich auch der niedersächsische Pavillon: Über den bekannten Industrie-Artefakten (VW-Käfer) schwirrten poppig verkleidete Bildschirme in konzentrischen Kreisen plärrend durch den Raum und nervten die BesucherInnen mit banalen Kurzfilmen. Wegweisend dagegen mutete der österreichische Pavillon an. Neben einer völlig unauffälligen Präsentation der Bundesländer besteht er vor allem aus einer riesigen Ruhezone.

Auf der Suche nach versprochenen Zukunfts-Visionen reihten sich die meisten BesucherInnen in die gigantischen Warteschlangen vor den Themenpark-Hallen und den Konzern-Pavillons ein. Verblüffend die fortgesetzte Banalität der Darbietungen: Im »Planet of Visions« wurde das ganze Spektrum menschlicher Utopien durch Pappmaché-Figuren im Science-Fiction-Design der fünfziger Jahre angedeutet.

Erklärungen schienen hier mit zunehmender Strecke niemanden mehr zu interessieren: Mäßig interessierte Blicke glitten über bunte Oberflächen auf der Suche nach dem interessantesten High-Tech-Kitsch. Die Ödnis traditioneller Klischee-Produktion und Folklore draußen korrespondierte mit der Langeweile der immergleichen multimedialen Ikonografie drinnen.

Bei den linksradikalen Gegenaktivitäten rund um die Eröffnung fanden Zuspruch und Resonanz im Rahmen des Üblichen statt: Mensch ist schon froh, dass es einen »Widerstand« überhaupt gibt. An dem Maßstab gemessen, den Teile des bundesweiten Spektrums durch ihre voluntaristische Mobilisierung (»London - Seattle - Hannover«) für ein Blockadekonzept dezentraler Kleingruppen errichtet hatten, bleibt nur das schon vorher absehbare Scheitern dieses Aktionismus festzustellen.

Die restlichen Unentwegten, die sich nicht vom Kommen hatten abschrecken lassen, ertrugen das Standard-Programm linker Aktionstage denn auch mit Fassung: orientierungsloses Herumlaufen, Katz- und Mausspiel mit Sicherheitskräften, der Polizei bei den Festnahmen (450) zusehen. Viele wussten ohnehin nicht, was sie zum Blockadekonzept hätten beitragen können. Eine Abseilaktion auf der Autobahn, Spontandemos und Schilderhochhalten waren dann schon die Widerstands-Highlights des Tages.

Nachmittags gab es noch etwas Spaß mit einer ausgelassenen Kissenschlacht, für interessierte Resonanz sorgte auch das Aktions-Grüppchen, welches den ganzen Tag unbehelligt ein knallrotes Sitzmöbel durch die Stadt trug. Motto: »Solange man ein Sofa dabei hat, isses nett.« Abends war der Spaß dann vorbei: Die Polizei hatte die Linken genug in der Stadt spielen lassen, zum Schluss gab es einen Polizeikessel - ein paar verhaftete Chaoten zum Vorzeigen werden schließlich immer gebraucht. Auch hier: Langeweile in Hannover.