Krawalle im Kosovo

UCK lebt

Auf einmal waren sich alle wieder einig. Mehr Polizei muss her! forderten europäische und US-amerikanische Nordatlantik-Krieger auf der Wehrkundetagung in Mücnchen. Das letzte lange Wochenende der Gewalt im Kosovo hatte die zerstrittenen Nato-Krieger zusammengeschweißt: Gerade so, als ob 44 000 Kfor-Soldaten im Süden Serbiens nicht schon genug Waffen mit sich herumtragen, herrschte nach den zehn Toten zumindest in einem Punkt wieder Konsens bei den Partnern des Nato-Krieges von vor einem Jahr: Endlich müssten mehr Polizisten das internationale Protektorat im Süden Jugoslawiens stärken.

Die Krawalle in der geteilten Stadt Kosovska Mitrovica hätten gezeigt, meinte etwa US-Verteidigungsminister William Cohen, dass die Kosovo-Schutztruppe Kfor polizeiliche Aufgaben nicht übernehmen könne. Und der Chef der Uno-Kosovo-Mission (Unmik), Bernard Kouchner, beklagte, ständig »von Brüssel bis nach Tokio mit der Almosenschale« unterwegs zu sein, um Geld für das Kosovo zu beschaffen. Eine ordentliche Polizeitruppe lasse sich so nicht unterhalten.

Wo er Recht hat, hat er Recht. Tatsächlich ist von den 6 000 Polizisten, die die EU-Staaten in die südserbische Provinz schicken wollten, gerade mal ein Drittel eingerückt. Die Nato war da schneller: Schon Ende Juni letzten Jahres marschierten die ersten 10 000 Soldaten in das Kosovo ein. Und das, während Uno-Chef Kouchner, der die Polizisten bezahlen soll, Anfang Februar immer noch darauf wartet, dass die Vereinten Nationen sein Budget für das neue Jahr freigeben. Dieses betrug 1999 - das nur der Relationen halber - 125 Millionen Mark; ein Viertel dessen, was die Nato in Jugoslawien an einem Tag an Geld verbombt hat.

Die Verwalter des Protektorats Kosovo hätten also schon aus finanziellen Erwägungen allen Grund, die Kfor-Truppen ab- und ihre internationale Polizeitruppe endlich aufzubauen. Doch so einfach die Forderung nach mehr Polizisten, die »das friedliche Zusammenleben im Kosovo« sichern sollen, so falsch ist ihre Begründung. Denn eines wird sich auch dann nicht ändern, wenn künftig Männer in blauen statt in grünen Uniformen auf der Brücke stehen sollten, die Albaner und Serben etwa in Kosovoska Mitrovica voneinander trennt: Die augenzwinkernde Kumpanei, die den Umgang von Kfor und Unmik mit den Nachfolgern der Kosovo-Befreiungsarmee UCK im letzten halben Jahr prägte, dürfte schon aus selbst geschaffenen Zwängen ihre Fortsetzung finden; die internationale Präsenz in der Provinz selbst wird, gelinde gesagt, Teil des Problems bleiben.

Denn davon, dass Ex-UCKler nicht nur auf den Straßen des Kosovo, sondern auch in dem von der Kfor erst geschaffenen Kosovo-Korps den Ton angeben, ist bei allem Geschrei nach mehr Polizisten nicht die Rede. Dabei sollte das 7 000 Mann starke - und von den nationalen Befreiungskämpfern nur so durchsetzte - Korps genau diesen Job übernehmen, »als Teil eines politischen Prozesses, in dem der künftige Status des Kosovo bestimmt werden soll«, wie Kfor und UCK im Demilitarisierungs-Abkommen von vergangenem Juni vereinbart hatten.

Wie dieser Prozess aussieht, haben die letzten Monate gezeigt: Vertreibung aller nicht-albanischen Bewohner aus der Provinz bei gleichzeitiger Besetzung der Bürgermeister- und der Uno-Verwaltungsposten durch stramme Separatisten. Die einzige Bedingung, die Kfor und Unmik an diesen Prozess stellten, war einfach zu erfüllen: Die Mannen um den früheren UCK-Oberkommandierenden und designierten Kosovo-Ministerpräsidenten Hashim Thaqi mussten ihre alten Uniformen ablegen. Das dürfte sie auch am Wochenende in Kosvoska Mitrovica vor der Festnahme durch Kfor-Truppen geschützt haben.