Koch-Weser ist neuer IWF-Chef

Deutsche an die Front

Caio Koch-Weser hat es doch geschafft. Weder Frankreich, Großbritannien noch die USA haben ihn verhindern können. Der deutsche Kandidat wird Chef des Internationalen Währungsfonds. Für die Bundesregierung ist dies ein klarer Erfolg: Mit dem Führungsposten in einer der wichtigsten internationalen Organisationen kann sie sich als gleichberechtigte Macht neben den USA präsentieren - und als führender Staat innerhalb Europas.

Bisher waren Deutsche an der Spitze internationaler Institutionen äußerst selten. Wochenlang hatte sich Bundeskanzler Gerhard Schröder daher für seinen Bewerber ins Zeug gelegt. Und Koch hat Glück gehabt. Denn Vorbehalte gab es viele. Der US-Finanzminister Larry Summers kritisierte beispielsweise, dass Koch-Weser zu unerfahren sei und über keine Kompetenz in währungspolitischen Fragen verfüge.

Summers' Aversionen sind vor allem auf die unterschiedlichen Meinungen über die künftige Rolle des Fonds zurückzuführen. Die USA möchte die Funktion des IWF auf reine Kriseninterventionen beschränken und drängen auf einen harten monetären Kurs. Nur in akuten Notfällen, wie etwa bei dem Finanzcrash in Asien, soll die Organisation in die Bresche springen. Die Institution habe ansonsten den Markt soweit wie möglich sich selbst zu überlassen. Armutsbekämpfung oder langfristige Strukturhilfen sind für Summers hingegen mit diesen Zielen unvereinbar.

Genau für den Mix aus beiden Interventionsformen steht aber Kocher-Weser. In den USA gilt er daher als sozialdemokratisches Weichei, das sich in seiner bisherigen beruflichen Karriere vor allem mit den Problemen von Entwicklungsländern beschäftigt hat. Der 55jährige Deutsch-Brasilianer startete seine Karriere bei der Weltbank. Zuerst als Assistent des Präsidenten, dann als Abteilungsleiter für Westafrika und schließlich als geschäftsführender Direktor der Organisation. Im Sommer letzten Jahres wurde er dann als Nachfolger des geschassten Lafontaine-Staatssekretärs Heiner Flassbeck ins Bundesfinanzministerium geholt.

Vermutlich hätte es Koch auch noch bis zum Weltbank-Chef gebracht. Aber damit hätte Deutschland grob gegen internationale Gepflogenheiten verstoßen. Denn seit der Gründung der beiden Schwester-Organisationen 1944 in Bretton Woods ist es üblich, dass ein US-Amerikaner die Weltbank führt, der Währungsfonds hingegen einem Europäer überlassen wird.

Um seinen Liebling durchzusetzen, brauchte Schröder daher die Unterstützung der anderen EU-Mitgliedstaaten. Die französische Regierung, die mit Michel Camdessus den bisherigen IWF-Chef stellte, hat zwar im Gegensatz zur USA wenig Vorbehalte gegen die wirtschaftspolitischen Ansichten von Koch. Sie fürchtet allerdings um ihren internationalen Einfluss. Erst als die Bundesregierung zu verstehen gab, dass Frankreich zum Ausgleich den nächsten Vorsitz der Europäischen Zentralbank erhalten soll, lenkte Paris ein. Ein zweifelhafter Kompromiss: Die geldpolitische Ausrichtung der EZB wird dann kaum noch zu verändern sein. Doch angesichts der plötzlichen europäischen Einigung blieb wiederum US-Präsident William Clinton nichts anders übrig, als Koch-Weser zu akzeptieren.

Für Schröder hat sich der Kampf gelohnt. Denn die erste Aufgabe, die den neuen IWF-Chef erwartet, passt vorzüglich zu den außenpolitischen Zielen der Bundesregierung. Er soll ein Programm für die Türkei und die osteuropäischen Transformationsländer erarbeiten, um Südosteuropa vor dem Absturz zu bewahren. Und an dieser Krisenfront verfügen die Deutschen ja schon über genügend Erfahrung.