Präsidentschafts-Vorwahlen in den USA

Bushs Zitterpartie

Nach den ersten Runden der US-amerikanischen Präsidentschafts-Vorwahlen hat sich das Kandidatenfeld bereits deutlich gelichtet. Bei den Demokraten ist jetzt Vizepräsident Albert Gore der klare Favorit. Dem frommen Südstaatler müsste schon mindestens eine außereheliche Affäre nachgewiesen werden, um ihm die Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten seiner Partei noch streitig zu machen.

Gore hat in Iowa, in New Hampshire und in Delaware gegen seinen Herausforderer Bill Bradley gewonnen. Damit hat er bewiesen, dass er nicht nur die Parteifunktionäre, sondern auch die wichtigsten demokratischen WählerInnengruppen klar für sich mobilisieren kann: Frauen, Schwarze und Gewerkschaftsmitglieder. Bradley, dessen Programm sich nur minimal von dem Gores unterscheidet, dürfte nunmehr in den großen Bundesstaaten wie New York und Kalifornien, in denen am 7. März (»Super Tuesday«) gewählt wird, kaum noch eine Chance haben.

Völlig offen ist dagegen, wie es bei den Republikanern weitergeht. Hier galt der texanische Gouverneur George W. Bush, der Sohn des früheren US-Präsidenten, lange Zeit als klarer »Front Runner«. Praktisch der gesamte Parteiapparat und vor allem das »Big Business« pushten seine Kandidatur und überhäuften ihn mit Wahlkampfspenden. Erwartungsgemäß gewann Bush am 24. Januar die Vorwahl in Iowa - aber eine Woche später verlor er in New Hampshire haushoch gegen seinen Herausforderer John McCain. Die übrigen republikanischen Kandidaten spielen praktisch keine Rolle mehr.

Damit hat Bush über Nacht seine wichtigste Trumpfkarte verloren - die Annahme, er sei mit seiner fetten Wahlkampfkasse ohnehin »unschlagbar«. Entsprechend panisch reagierte die republikanische Parteiführung. Wenn ihr Lieblingskandidat nicht einmal einen unterfinanzierten, desorganisierten Einzelkämpfer wie McCain bezwingen kann, wie soll Bush dann im November gegen Gore gewinnen?

Auch der rechte Parteiflügel hasst McCain. Der Grund: Das zentrale Wahlkampfthema des Senators aus Arizona ist eine Reform der Parteienfinanzierung. Damit würden die wohlfinanzierten rechten Interessengruppen - u.a. Abtreibungsgegner, Waffenlobby und Steuer-Protestler - ihren starken Einfluss auf die Partei verlieren. Um dies zu verhindern und um endlich die Demokraten aus dem Weißen Haus zu jagen, hat sich der rechte Parteiflügel trotz aller ideologischen Vorbehalte praktisch geschlossen hinter Bush gestellt.

Bush hatte sich bisher als relativ gemäßigter - »mitfühlender« - Konservativer präsentiert. Jetzt scheint er nach rechts zu rücken. Am Tag nach seiner Niederlage in New Hampshire flog Bush nach South Carolina, wo am 19. Februar die nächste wichtige republikanische Vorwahl stattfinden wird, und trat dort ausgerechnet in der Bob Jones University auf - einer berüchtigten Bastion des südstaatlichen Rassismus und christlichen Fundamentalismus.

Der reaktionäre Mief von South Carolina wurde in den vergangenen Wochen freilich heftig aufgewirbelt. Anfang Januar hatten hier mehrere Tausend weiße Rassisten für »ihr kulturelles Erbe« demonstriert - gemeint ist die Südstaaten-Flagge aus dem US-Bürgerkrieg vor 140 Jahren, die noch immer am Landesparlament aufgezogen wird und damit an die glorreichen Zeiten der Sklaverei erinnert.

Wenige Tage später gab es allerdings eine antirassistische Gegendemo mit rund 50 000 Teilnehmern, die größte derartige Aktion seit den sechziger Jahren. Auch die Gewerkschaften in dem eigentlich weitgehend gewerkschaftsfreien South Carolina - hier produzieren auch viele deutsche Unternehmen, z.B. BMW - scheinen aufzumucken. Die Staatsmacht reagiert brutal: Ende Januar prügelte die Polizei eine Streik-Demonstration von überwiegend schwarzen Hafenarbeitern auseinander. Dass Bush in dieser aufgeheizten Atmosphäre seine Wähler ausgerechnet von der Bob Jones University aus mobilisieren will, verheißt für die kommenden Wochen nichts Gutes.