Karriere eines Nintendo-Spiels

Pokemania

Pokemons sind süß. Irgendwann einmal gab es die Story um die kleinen Monster als einfaches Nintendospiel. Mittlerweile ist daraus die perfekte Marketingmaschine geworden, die eine Vielzahl von Spin-Off-Produkten hervorgebracht hat, die die Medien der westlichen Welt zu überschwemmen drohen. Spätestens zu Weihnachten.

Pokemon ist nicht einfach ein Spielzeug. Es ist überall. Man kann ihm nicht entkommen. Letzte Woche widmete das Time Magazine den Figuren einen Foto-Essay, diese Woche gar die Titelgeschichte. Hierzulande sorgten die Monster zwar erst für einen Ausverkaufs-Run auf Nintendo-Händler und Spielzeuggeschäfte, andernorts ist der Hype aber schon weiter gediehen. In Japan nahm All Nippon Airways im Juni einen Pokemon-Jet in Betrieb. In Großbritannien wird die Pokemon-Puppe höchstwahrscheinlich das bestverkaufte Produkt des Weihnachtsgeschäfts werden. In den USA gibt es mittlerweile Pokemon-Kreuzfahrten, Messen und Auktionen. In allen vier Ländern laufen Pokemon-Fernsehserien. Und jetzt ist der Pokemon-Kinofilm in den USA angelaufen. In seiner ersten Woche war er der erfolgreichste Cartoon und ließ Filme wie "König der Löwen", "A Bug's Life" oder "Toy Story" hinter sich.

Eigentlich sind die Pokemon schon älter. 1986 brachte Nintendo die Pocket Monsters (= Pokemon) erstmals als GameBoy-Spiel auf den Markt. Im Spiel geht es darum, die kleinen Monster zu fangen, sie auszubilden und dann zwei GameBoys miteinander zu verkabeln, um die Figuren gegen die von anderen Mitspielern antreten zu lassen. Der Gewinner erhält das Monster des Unterlegenen. Auch ein harmloser Tausch ist möglich.

Die Pokemons führen alles zusammen, was für einen Endneunziger-Technologie-Schnickschnack-Crossover-Erfolg nötig ist. Sie sind süß. Sie nutzen das Pseudo-Lebens-Konzept, das schon dem Tamagotchi zum Erfolg verhalf: Sie müssen aufgezogen und angelernt werden. Sie bedienen die Sammelleidenschaft: Es gibt insgesamt 157 Monster, die allerdings in keinem Spiel alle vorhanden sind. So gibt es verschiedene Versionen, und um wirklich sämtliche Figuren zu besitzen, muss der Kunde sie entweder kaufen oder mit anderen Spielern tauschen. "Hol sie dir alle", lautet dann auch der Werbeslogan. Und man braucht andere Menschen zum Spielen. Denn das Spiel macht nur Sinn, wenn man jemanden hat, gegen den man sein Monster antreten lassen kann. So etwas lädt zum Vereinsleben ein: sowohl die Monster als auch die Menschen.

Dass die kleinen Monster gerade jetzt so erfolgreich sind, zeigt aber auch etwas anderes - jeder ist ein potenzieller Kunde geworden, und hierfür bietet sich die Vernetzung geradezu an. In diese Richtung weist auch der Generationswechsel im Konsolengeschäft. Sega, der dritte im Bunde neben Nintendo und Sony, launchte seine Dreamcast-Station im September, PlayStation 2 und Nintendo Dolphin werden folgen. Neben allerlei technischen Verbesserungen, besitzen sie alle ein besonderes neues Feature: den kostenlosen Internet-Zugang. Und das eröffnet ganz andere Dimensionen. Alle Spieler können so gegen alle anderen spielen.