Ausgekrenzt

Eines gönnten ihm die Richter nicht: den historischen Haftantritt. Egon Krenz - letzter Generalsekretär der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) und Staatsratsvorsitzender der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), ehemals Erster Sekretär der Freien Deutschen Jugend (FDJ), Mitglied des SED-Politbüros und Vorsitzender des Nationalen Verteidigungsrates - bleibt wohl bis zum Jahreswechsel auf freiem Fuß. So wird der 9. November 1999 auch nicht als der Tag in die Geschichte eingehen, an dem der Bundesgerichtshof (BGH) den 62jährigen ins Gefängnis schickte. Das Gericht bestätigte damit ein Urteil des Berliner Landgerichts, das Krenz bereits 1997 für den Tod von Flüchtlingen an der Mauer verantwortlich gemacht hatte und ihn deshalb zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilte. Krenzens Hinweis vor Prozessende, "es wäre Geschichtsklitterung, wenn man entscheiden würde, dass ich am 9. November im Gefängnis sitze", dürfte der letzte dieser Art gewesen sein. Demonstrationen enttäuschter Ex-SEDler am Tag von November-Revolution, Hitler-Putsch, Reichspogromnacht und Mauerfall werden einem zum Glück erspart bleiben.