Die Lega Nord in Italien

Padanien gegen Rom

Einen der kuriosesten Ableger der europäischen Rechten hat die norditalienische Po-Ebene hervorgebracht. Die Lega Nord und ihr Chef Umberto Bossi haben vor allem ein Ziel: Die Errichtung der Republik Padanien, einen eigenen Staat der reichen norditalienischen Regionen.

Die Lega versteht sich als Verteidigerin des Reichtums und der Privilegien des Nordens gegen das ärmere Süditalien, den Mezzogiorno. Unter dem Kampfruf "Padanien gegen Rom" oder gegen "Roma Ladrona" ("die große Diebin Rom"), die "Steuergelder aus der Tasche" ziehe, sammelt Bossi NorditalienerInnen verschiedenster ideologischer und politischer Herkunft hinter sich.

Die Lega ist eine straff organisierte Führerpartei, in der keine Gegenkandidaten zu Bossi geduldet werden. Der Oberlegist gibt sich gern als cholerischer Exzentriker, der mit populistischen Slogans "die Politik wieder auf die Straße zurückholen" will. Dabei spielt er auch gern die rassistische Karte. Seine öffentlichen Auftritte inszenierte Bossi Anfang der neunziger Jahre martialisch mit Fackelträgern, Marschmusik und grün uniformierten Ordnern.

Das "Volk der Padanen" sollen eigene Riten, Mythen und Symbole einen. Das Symbol der Lega, ein mittelalterlicher Krieger, steht für die Rückkehr zur regionalen Tradition und lokalen Geschichte. Jährlich pilgern Anhänger der Lega gemeinsam mit Bossi an die Quellen des Po im Piemont. Hier wird frisches Quellwasser entnommen und von Bossi auf einem Schiff quer durch die Po-Ebene zur Flussmündung gebracht.

Profitieren konnte die Lega Nord von der Tangentopoli-Affäre 1992, als die Korruptions- und Mafiaverstrickung hoher italienischer Politiker aufflog und sich viele Wähler von den etablierten Parteien abwendeten. Gemeinsam mit Silvio Berlusconis Forza Italia und der postfaschistischen Alleanza Nazionale bildete die Lega das Bündnis Polo delle libert‡ (Pol der Freiheiten). 1994 gewann die rechte Koalition die Wahlen. Bereits 14 Monate später zog sich Bossi aus dem Bündnis zurück und stürzte so die Regierung.

Die Zeiten, in denen die Legisten ihren Staat zum Greifen nahe wähnten, sind vorbei. Die Aufnahme Italiens in die Europäische Währungsunion ließ die Chancen auf die Gründung Padaniens schrumpfen. Viele Abgeordnete verließen die Partei, die meisten wechselten zu Berlusconis Forza Italia.

Auf nationaler Ebene ist die Lega Nord heute nur eine marginale Kraft, die bei den Europawahlen im Juni lediglich sieben Prozent der Stimmen erlangen konnte. Zur Zeit stellt sie die Bürgermeister in einigen kleinen Städte und Gemeinden im Veneto, der Lombardei und Piemont. Auch in Mailand konnte sich ein Legist als Bürgermeister durchsetzen.

Die kommunalen Lega-Abgeordneten tun sich vor allem durch propagandistischen Kampf gegen Immigranten in Italien hervor. Die "extracommunitari" werden als Bedrohung der inneren Sicherheit und des Wohlstands dargestellt. Immer öfter werden weitreichendere Befugnisse für die Stadtpolizisten verlangt. Der Legist und Parlamentsabgeordnete Mario Borghezio setzte sich sogar für Arbeitslager für illegale Einwanderer ein.

Aber die Lega fordert nicht nur, sie handelt auch: Bürgerwehren wurden gegründet und private Streifenpolizisten, die so genannten Camicie Verdi (Grünhemden) werden eingesetzt. So versucht man aktiv gegen missliebige Menschen vorzugehen und für Ordnung zu sorgen. Zumindest in Norditalien.