Spiegel: Sex, Crime & Albaner

Schonfrist vorbei

Was machen eigentlich Albaner, wenn sie nicht gerade gegen serbische Unterdrücker für ihre Menschenrechte kämpfen? Der Spiegel hat nachgeforscht: "Kinderprostitution ist auch in Griechenland eine perverse Spezialität, die vor allem Albaner zu bieten haben." Und was noch? "In Belgien haben Albaner in kürzester Zeit die Vormacht im Rotlichtmilieu erobert und zehnmal mehr Mädchen auf den Strich geschickt, als die stärkste Konkurrenz der Polinnen ausmacht." Und außer Prostitution? "Im Heroinhandel sind Albaner die Aufsteiger der neunziger Jahre", "selbstverständlich waren sie auch zur Stelle, um auf dem Balkan den Durst nach Waffen zu stillen". Kann man das zusammenfassen? "Kriminelle Clans 'ethnischer Albaner' machen alles, was schnelles Geld verheißt."

Wie gehen die Albaner dabei vor? In Hamburg gab es ein "kosovarisches Einbrecherkollektiv", "ungefähr tausend Mann stark, die wie Heuschrecken über Straßenzüge herfielen und ein Haus nach dem anderen aufbohrten". Weshalb sind die Albaner als Kriminelle so erfolgreich? 1. : "Sie drohen eher, sie prügeln eher, und sie schießen eher."

2. : "Gegen die Verschwiegenheit der Albaner wirkt die Omertˆ der Mafia geradezu löcherig." Kommt da nicht noch einiges auf uns zu? "Unterwanderung der westlichen Zivilisation."

Die Spiegel-Enthüllung, überschrieben mit "Sprache der Morde", ist traditionssicher mit Volksgruppenkunde und ethnisch gepolter Sozialpsychologie unterfüttert. "Familiäre Loyalität stellt nach alter Tradition den höchsten Wert dar. Im Darwinistischen Kampf ums Dasein hat das Wohlergehen des Clans Vorrang vor Recht und Moral": Prinzipien, die man zweifellos unter dem Stichwort "amoralischer Familiarismus" zusammenfassen muß. Daß die Albaner trotzdem bisweilen ihre "Töchter in die Prostitution" verkaufen, steht dem nicht entgegen, sondern für ein "völlig rückständiges Frauenbild". Nimmt man die in der "typischen Balkanfamilie" vorherrschende "extreme Abgrenzung gegen Fremde" hinzu, kann nicht verwundern, daß die in einer interdisziplinären Arbeitsgruppe für Konfliktforschung ansässige Ethnologin Stephanie Schwander hinter dem Verbrechen "eine Ideologie abgrenzender Dehumanisierung" entdeckt hat.

Jenseits ihres Unterhaltungswertes komplettiert die kleine Rassenkunde die jüngere Spiegel-Berichterstattung über den albanischen Menschentyp zu einem Ensemble, das für eine Einführung in die Diskurstheorie überaus tauglich wäre. Neben der Entgegensetzung "archaische Stammesgesellschaft" versus "funktionierendes Rechtssystem" ist es vor allem der wenig originelle und vom Zweckinstinkt geleitete Trick der (Ent-) Individualisierung, der die Erzählung steuert: Auf den (netto) neun Seiten über "kriminelle Netzwerke" treten zwar haufenweise albanische "Paten" auf, aber im Gegensatz zu den zitierten Polizeioffizieren und Völkerkundlern hat keiner der Delinquenten einen Namen - je anonymer und geheimnisvoller die Bedrohung, desto härter muß zurückgeschlagen werden.

Man kennt das in Deutschland. Vor Wochen, als die Spiegel-Redaktion die Flüchtlingscamps nach Milosevic-Opfern durchkämmen ließ, wurden noch zahllose normale Menschen mit anständigen Berufen und echten Namen vorgestellt: Der "Soziologe Gani Kryeziu" aus Prizren etwa, "Emine, die Anwältin aus Mitrovica", der "Taxifahrer Enver Thaci, 33, aus Sibovic". Aber das ist eine andere Geschichte.