Einlauf nach Plan

Hungernde Hebammen, wütende Krankenschwestern: Mehr als 30 000 der insgesamt 250 000 Beschäftigten im polnischen Gesundheitswesen befinden sich seit Mitte vergangener Woche in einem unbefristeten Hungerstreik. Sie wollen so auf ihre miserable ökonomische Situation hinweisen: Der Durchschnittslohn einer Krankenschwester beträgt umgerechnet etwa 350 Mark pro Monat und liegt damit unter den Lebenshaltungskosten; eine Rente von nur 250 Mark nach 35 Berufsjahren ist üblich.

Mit den Protesten sollen die Gehaltsforderungen der Gewerkschaft unterstützt werden, die eine jährliche Steigerung des Einkommens von zwei Prozent über der Inflationsrate verlangen. Die Mitte-Rechts-Regierung Polens unter Jerzy Buzek hatte sich bisher geweigert, in die Lohnkämpfe einzugreifen, da sie Sache der einzelnen Krankenhäuser seien. Nachdem sich die Proteste ausgeweitet haben, hat das Gesundheitsministerium den Krankenhäusern nun angeboten, die Kredite zu stunden, um die Finanzierung der Lohnanhebungen zu sichern. Allzu lange wird sich die Regierung das Angebot jedoch nicht leisten können: Im Zuge der Anpassung an EU-Standards ist eine Reform des polnischen Gesundheitssystems geplant. Dabei soll das derzeit noch zentral gesteuerte Gesundheitswesen auf regionale Ebene verlagert werden.