Deutsches Haus

Von 3175 auf 4512 jährlich stieg innerhalb der vergangenen fünf Jahre trotz abnehmender Flüchtlingszahlen die Zahl der Abschiebungen aus Berlin; aus der Haft heraus wurden 1998 in der Bundeshauptstadt 3 815 Flüchtlinge abgewiesen, 1993 waren es noch 2 145 gewesen. Auf diese Zahlen wies vergangene Woche der Berliner Flüchtlingsrat hin. Die Asylpolitik des Senats ziele vor allem auf Abschreckung und Abschottung; oft würden bei Abschiebungen ohne Not unerträgliche Situationen geschaffen. Aus Verzweiflung darüber, daß ihm und seiner Ehefrau kein Asyl gewährt wurde, nahm ein 30jähriger Aserbaidschaner am 8. Juli in Oldenburg (Niedersachsen) seinen 44jährigen Anwalt als Geisel und übergoß sich selbst mit einer brennbaren Flüssigkeit. Er bedrohte den Anwalt mit einem Schraubenzieher und drohte, sich selbst anzuzünden, falls seine Frau nicht aus der Abschiebehaft entlassen werde. Nach drei Stunden wurde er von einem Sondereinsatzkommando der Polizei überwältigt. Asylbewerber, die anstelle von Sozialhilfe Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten, mußten 1998 mit 15 Prozent weniger auskommen als im Vorjahr. Wie das Statistische Bundesamt Ende Juni mitteilte, betrafen die Kürzungen sowohl die Leistungen für Unterkunft, Essen und Kleidung, als auch die medizinische Betreuung. Im Hungerstreik befindet sich seit Dienstag vergangener Woche ein 18jähriger Asylbewerber in der Berliner Abschiebehaftanstalt Grünau. Saban Koc, dem die Unterstützung der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK vorgeworfen wird, protestiert damit gegen seine drohende Abschiebung in die Türkei, wo ihm Folter droht. Als "massiven Eingriff" in die persönlichen Grundrechte von Asylbewerbern hat der sächsische Ausländerbeauftragte Heiner Sandig (CDU) das Arbeitsverbot für Asylsuchende kritisiert. Ein "verwaltungsinterner Erlaß" könne nicht eine ganze Personengruppe vom Arbeitsmarkt ausschließen. In seinem Jahresbericht kritisierte Sandig außerdem deutsche Behörden, deren Kommunikation mit Ausländern häufig gestört sei. Trotz eines laufenden Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Düsseldorf plant das Land Nordrhein-Westfalen, zwölf abgelehnte Asylbewerber nach Guinea abzuschieben. Die Flüchtlinge hatten angegeben, bei einem ersten Abschiebeversuch im März von Grenzschutzbeamten mißhandelt und gefoltert worden zu sein. In Bremen wird das Verwaltungsgericht darüber entscheiden, ob die Ausländerbehörde wie geplant einen autistisch veranlagten siebenjährigen Tamilen nach Sri Lanka abschieben darf. Für den kleinen Jungen, für den ein berechenbarer Tagesablauf lebenswichtig ist, würde eine Abschiebung und die mehrtägige Polizeihaft, die sich daran in Sri Lanka erfahrungsgemäß anschließt, eine extreme Belastung darstellen. Eine adäquate medizinische Versorgung wäre in Sri Lanka, wo die tamilische Bevölkerungsgruppe diskriminiert wird, nicht möglich. Die Hoffnung, seine Tätigkeit als V-Mann der bayerischen Polizei werde ihm zu einem gesicherten Aufenthaltsstatus verhelfen, bewahrheitete sich für einen 34jährigen #bosnischen Asylbewerber nicht. Am Donnerstag vergangener Woche kündigte das bayerische Innenministerium an, den Spitzel nach Bosnien abzuschieben, obwohl ihm dort nach eigenen Angaben Racheaktionen krimineller Landsleute drohen, die er verpfiffen hat.