Trau keinem unter 35

Wie war das gleich wieder mit dem schnellen Ausstieg aus der Atomindustrie? Noch in dieser Legislaturperiode sollte es soweit sein, meinten die Grünen - vor den Wahlen. Mindestens zwei Atommeiler in den nächsten vier Jahren müßten es schon sein, hieß es von den Ökos dann nach der erfolgreichen Machtergreifung. Doch dafür, daß aus keinem der grünen Wünsche etwas wird, dürfte letzte Woche der parteilose Wirtschaftsminister Werner Müller gesorgt haben. Erst im Jahr 2003, pünktlich zum Beginn der nächsten Legislaturperiode also, sollte das älteste Kraftwerk, Obrigheim, vom Netz gehen, das jüngste, Neckarwestheim 2, hingegen, noch bis ins Jahr 2024 laufen - mit der Option auf zehn weitere Jahre. So jedenfalls sieht der Plan aus, den Müller bei einem Treffen mit den Chefs der deutschen Energiekonzerne ausgearbeitet haben soll. Bei dem Ausstiegszeitraum, der in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen den Betreibern und der Regierung festgeschrieben werden muß, handelt es sich nach Berichten des Spiegel um einen Kompromiß zwischen den Vorstellungen der Konzerne und Müller. Demnach sollen die 19 deutschen Atomkraftwerke nacheinander vom Netz gehen und Neubauten verboten werden. Nicht aber der Bau von Zwischenlagern - bis ins Jahr 2020, wenn über ein nationales Endlager entschieden werden soll, wollen die Betreiber an allen Kraftwerken Zwischenlager errichten. Zum Ärger des ausgebooteten grünen Umweltministers Jürgen Trittin enthält das Papier noch eine weitere Klausel: Im Gegensatz zur Regierung dürfen die Konzerne aus dem Vertrag aussteigen.