Ja, durchsuchen!

Zehn LKA-Beamte, ein Staatsanwalt und ein Oberstaatsanwalt: Das Büro der Berliner Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär muß letzte Woche aus allen Nähten geplatzt sein bei soviel rechtsstaatlicher Aufmerksamkeit. Ein Plakat der Kampagne mit dem Aufruf "Desertiert aus allen kriegführenden Armeen!", das seit Anfang April jede zweite Berliner Wand ziert, wurde den AntimilitaristInnen zum Verhängnis. Dieses, so befand die Staatsanwaltschaft, beinhalte die Anstiftung zu einer Straftat.

Ralf Siemens, ehemaliger Soldat und Mitarbeiter der Kampagne, übernahm die Verantwortung für den Plakat-Text und muß nun mit einem Prozeß wegen Anstiftung zu einer Straftat rechnen. Ihm drohen bis zu fünf Jahre Haft, da Anstiftung laut ¤ 26 StGB wie die vorsätzliche Ausführung der betreffenden Straftat - in diesem Falle Fahnenflucht - bestraft wird. Doch Siemens freut sich auf den Prozeß: So könne endlich öffentlich die Frage gestellt werden, wie ein Aufruf, sich dem Bruch von Verfassung und internationalem Recht zu widersetzen, überhaupt rechtswidrig sein kann. Interessant sei darüber hinaus, warum die Staatsanwaltschaft die Durchsuchung erst nach Ende der Nato-Bombardements vorgenommen hat, obwohl das Plakat ja schon seit längerem im Umlauf ist.