Regierungswechsel in Luxemburg

Alle lieben Flipper

Der Himmel über Luxemburg ist tiefblau. Denn Blau ist hier die Farbe der liberalen Demokratischen Partei (DP). Und die Liberalen wurden in dem 400 000 EinwohnerInnen zählenden Großherzogtum am 13. Juni in die Regierung gewählt. Während am selben Tag die deutsche FDP bei den Wahlen zum EU-Parlament gerade einmal drei Prozent erhielt, kamen Luxemburgs Liberale auf 22,3 Prozent und wurden damit zweitstärkste Partei im kleinsten Land der Union.

Die WählerInnen haben entschieden: Ein "Wechsel" muß her - und das heißt in Luxemburg: Weg mit den Roten. Die Sozialdemokraten büßten daher über drei Prozent ein. Doch auch die Christlich Soziale Volkspartei (CSV) verlor.

Deswegen ist ihrem Vorsitzenden Jean-Claude Juncker, seit fünf Jahren Luxemburgs Premierminister, nicht zum Jubeln zumute. Der Rechtsruck dieser Wahl ist gar nicht nach dem Gusto des als "links" bezeichneten Christsozialen. Immerhin gelang es ihm so, den mitregierenden Sozialdemokraten die Klientel abzujagen: Ob Sozial-, Beschäftigungs- oder Rentenpolitik - das Juncker-Team schaffte es, nach und nach die traditionellen Sozi-Themen zu besetzen. In der früheren Hochburg der Stahlindustrie ist heute eh vieles anders: Ein Viertel der verbliebenen ArbeiterInnen haben keinen luxemburgischen Paß - und sind somit auch für eine Arbeiterpartei uninteressant. Beim weltweit höchsten Pro-Kopf-Einkommen und einer Arbeitslosigkeit von knapp sieben Prozent müssen sich Sozialdemokraten daher umorientieren.

Das tun sie auch. Man weiß nur nicht, wohin. In der Partei auch nicht. Nach außen präsentierte sich die Luxemburger Sozialistische Arbeiterpartei (LSAP), wie die Sozialdemokraten hier heißen, auf ihren Wahlplakaten beispielsweise überaus innovativ als LS@P. Pech für die Sozis - nicht Kommunikationsgesellschaft, sondern die von der schwarz-roten Regierung durchgeführte Rentenreform bestimmte wie kein anderes Thema diese Wahl. Und so konnte die 1994 gegründete rechte Partei für Demokratie und Rentengerechtigkeit ihr Ergebnis deutlich ausbauen und überholte gar die Grünen. Einziges Anzeichen für den Wiederaufbau einer linken Opposition: Déi Lénk - ein Zusammenschluß von Kommunisten, Trotzkisten und anderen linken Gruppierungen - zogen nach fünf Jahren Pause wieder ins Luxemburger Parlament ein.

Mit ihrem besten Wahlergebnis seit 1945 ist die DP der Wahlsieger - dank richtiger Rentenfrage und fehlender Message: "Fir de Wiessel" (Für den Wechsel) und "Elo di Blo" (Jetzt die Blauen) waren die überzeugenden Slogans der Partei. Dazu sprang vor himmelblauem Hintergrund ein niedlicher Delphin durch die Wahlplakate. Flipper lieben schließlich alle. Auch in Luxemburg.

Von Premier Juncker kann man das nicht behaupten. Wegen seines nicht eben bescheidenen Auftretens sowie seines Führungsstils in Partei und Regierung trägt er den Spitznamen "Bokassa". Zwar versuchte er, der Luxemburger Presse klar zu machen: "Ich bin nicht schlecht gelaunt". Seine Miene aber verriet anderes: Schwarz-blaue Perspektiven stimmen ihn nicht glücklich.

Seine sozialen Ambitionen wird er in dieser Koalition zwar weiter pflegen können. Doch in der Opposition lauert jetzt die wahre "Linke". Vor allem die Grünen hoffen mit Blick auf die Nachbarländer Belgien, Frankreich und Deutschland auf ihre Chance: Auch wenn sie prozentmäßig noch Welten vom Regieren trennen, setzen manche schon jetzt auf einen neuen Wechsel im Jahr 2004 - zu Rot-Grün.