"Rush Hour" mit Jackie Chan

Tschingderassa

Hitman Jackie Chan und Faseltüte Chris Tucker auf Verbrecherjagd: Der große böse Juntao hat Soo Yung (Julia Hsu), die kleine Tochter des ehemaligen Hongkong-Konsuls Han (Tzi Ma), der jetzt in den USA weilt, entführt. Inspektor Lee (Chan), bester Polizist Hongkongs, Freund von Han und dessen Tochter, soll sie finden und reist daher nach Los Angeles ein. Das ermittelnde FBI aber schätzt den Mann aus Asien nicht. Man fordert Sexprotz James Carter (Tucker) aus dem örtlichen Polizei-Präsidium an, der Lee dem FBI vom Hals halten soll. Und vor allem sich selbst mitentfernen: Carter wollte immer schon zum FBI, doch wo er auch zur Arbeit geht, fliegen halbe Stadtteile in die Luft.

Es beginnt die Zwei-Freunde-Story: Lee und Carter mögen sich zunächst nicht, lernen sich schätzen, teilen das gleiche Schicksal - die Väter der beiden wurden von Kriminellen umgebracht -, werden die besten Kumpels, singen gemeinsam Soul und lösen den Fall. Ein bißchen Kinderfilm, mit Draufhauen und Tschingderassabum, mit zotigen Sprüchen und ohne Sex. Ein üblich belangloser und schwachsinniger Film - zwei gegensätzliche Typen aus zwei Systemen blabla. Der arme Chan konnte schon mal mehr von seinen artistischen Qualitäten zeigen; Tucker ist mal wieder Eddie-murphiger als Eddie Murphy, der Rest ist Pointe.

Interessant hingegen: Der mysteriöse Juntao hat über Jahre unbezahlbare chinesische Kunstgegenstände gesammelt, die ihm die Polizei abnahm, als Hongkong an China zurückfiel. Um sein Lebenswerk zu retten oder wenigstens einen Ausgleich für den Verlust zu erhalten, erpreßt er Han. Juntao, einst mächtigster Verbrecher Südostasiens, ist niemand anderes als der Vertreter der englischen Krone, der Diplomat Thomas Griffin (Tom Wilkinson). Aber die alte Kunst soll niemand anderes gehören als dem chinesischen Volk, das sich nun selbst um seine Angelegenheiten kümmert. Die britische Herrschaft über den Stadtstaat muß demnach eine jahrzehntelange Ausbeutung gewesen sein.

Daß China zum großen Freund der USA zu avancieren scheint, ist zwar nicht gerade Konsens unter den Filmschaffenden. Zum Feindbild - etwa wie die offensiv als Untermenschen deklarierten Araber - werden sie jedoch nie: Den Respekt erweist man der Kulturnation, an den chinesischen Bösewichtern rühmt man Intelligenz und Ehrenhaftigkeit. Im Film selbst führt das zu einer merkwürdigen Ambivalenz: Trotz aller Rücksichtslosigkeit, die man Chinas Schergen zuschreibt, soll es zu konstruktiven Verbindungen kommen - eine ähnliche Verbindung zeigte Jon Avnets "Red Corner - Labyrinth ohne Ausweg" (Jungle World, Nr. 4/98), mit einem Richard Gere, der die USA als Schweinestaat entlarvt. Böses und Gutes gibt es auf beiden Seiten, China scheint im Aufbau, das eigene System im Abbau begriffen.

Auch in "Rush Hour" werden die Staatsorgane in der Gestalt des FBI als fett, arrogant, großkotzig und inkompetent dargestellt, die chinesischen Sympathieträger Han und Lee als nobel und gewitzt. Auch ist es die Bürokratie, die beiden Seiten Schwierigkeiten bereitet, wobei die chinesischen Behörden oft als hart, aber lernfähig gezeigt werden.

Die Menschenrechte, sagt der Film, McDonald's und die Rolling Stones werden schon noch kommen. China, das ist eine traditionsreiche Welt der Wunder, die innere Ruhe und Philosophie ihrer Protagonisten im US-Film wird als Gegenbild zur eigenen Hektik entworfen, der kunstvolle Handkantenschlag als kluge Alternative zur eigenen Ballerei.

"Rush Hour". USA 1998. R: Brett Ratner. Start: 25. März