»Neues Deutschland« ohne Oschmann

Leicht wird es der Neue beim Neuen Deutschland vermutlich nicht haben: Man hatte einen Chefredakteur gerufen, und wer ist gekommen? Ein Wessi. Jürgen Reents tritt die Nachfolge des ausgeschiedenen Reiner Oschmann an. Immerhin kann der künftige Chefredakteur das passende Parteibuch vorweisen. Reents wurde 1991 Pressesprecher der PDS, hat sich allerdings erst sieben Jahre später entschlossen, in die Partei einzutreten. Ende der Siebziger hatte Reents die Grünen mitbegründet und saß seit 1983 als Abgeordneter im Bundestag. Heute gilt er als Vertrauter des PDS-Vorsitzenden Gregor Gysi. Daß die Leitartikel des mit sinkender Auflage kämpfenden Zonenfachblatts im Büro Gysi geschrieben werden, kommt für Reents natürlich gar nicht in die Tüte.

Der ND-Chefredakteur sagt, was ein ND-Chefredakteur sagen muß. Er habe zur Bedingung für die Übernahme der Stelle gemacht, daß das Blatt in Zukunft keine Parteizeitung ist, und erst recht kein Linienblatt in der PDS. Das Selbstverständnis einer kritischen Offenheit innerhalb der gesellschaftlichen und politischen Linken des Landes sei für die Zeitung unverzichtbar, betonte Reents. Ähnlich unverdächtig hatte auch Rainer Oschmann sein publizistisches Selbstverständnis umschrieben, wenn es darum ging, das Blatt für Meditationen über Linke, Volk und Vaterland zu öffnen. Wie geht's weiter beim ND, und wen interessiert das? Vor allem natürlich die PDS. Die wird auch wissen, ob die von Oschmann eröffnete Abteilung für deutsche Angelegenheiten unter Reents geschlossen oder ausgebaut wird oder so weiter macht wie bisher. Westausdehnung scheint jedenfalls auf dem Plan zu stehen, denn inzwischen hat sich auch beim ND die Erkenntnis durchgesetzt, daß mit den Ossis allein kein Staat mehr zu machen ist.

Am Mittwoch dieser Woche wird Reents, der sein Amt als Partei-Sprecher niedergelegt hat, durch den PDS-Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch der Redaktion vorgestellt.