Proteste gegen SDS-Veteran Rabehl

Langer Marsch nach rechts

1963 tauchten auf dem Campus der Freien Universität Berlin (FU) Flugblätter des SDS auf, die die damals noch herrschende Burschenherrlichkeit verspotteten. Unterschrieben waren sie mit "R. Dutschke (13 Mensuren), 2. Vorsitzender B. Rabehl (7 Mensuren)". Vier Jahre später sollten die damals noch völlig Unbekannten als Köpfe des Westberliner SDS Schlagzeilen machen. Jetzt gibt es am Otto-Suhr-Institut (OSI) der FU erneut Wirbel um Rabehl, der mittlerweile beim rechten Forschungsverband SED-Staat ist: Der Fachbereichsrat hat eine mit Studierenden und Professoren besetzte Kommission gebildet, die diese Woche erstmals tagen wird. Ausgelöst hat den Ärger ein Auftritt Rabehls vor der schlagenden Burschenschaft Danubia, der prompt den Beifall der extremen Rechten erhielt: Das Edelnaziblatt Junge Freiheit druckte Auszüge aus Rabehls Rede ohne dessen Wissen nach. Wenig verblüffend: Gehört doch Rabehls Lamento über "drohende Überfremdung" und Wertezerfall zum JF-Standardrepertoire.

"Die Rede ist in der Diktion rechtsextrem", urteilt Faschismusforscher Hajo Funke, der Vorsitzende der Rabehl-Kommission. Den früheren Apo-Anwalt und RAF-Mitbegründer Horst Mahler, der gerade mit seinen "Montagsdemonstrationen gegen Überfremdung" Schlagzeilen macht, kritisiert Funke noch härter: "Der ist eindeutig rechtsextrem und dient sich der NPD an." Auch Mahler sollte im letzten Semester am OSI einen Lehrauftrag erhalten. Dozenten wie Funke, Richard Stöss und Elmar Altvater verhinderten seine Anstellung. Unterstützt wurde Mahler dagegen von Rabehl und Jochen Staadt, Sprecher des "Forschungsverbundes SED-Staat".

Staadt meint dazu, Mahler hätte gut in das Seminar gepaßt. "Die Studierenden sind alt und aufgeklärt genug, um sich selber eine Meinung zu seinen kruden Thesen zu bilden." Mahler und Rabehl sehen ihr jetziges Treiben als Fortsetzung ihrer SDS-Tradition. "Wir waren antiamerikanisch und antirussisch und standen in der Tradition der Nationalrevolutionäre von Marx, Engels über Kurt Schumacher bis zum in den fünfziger Jahren geschaßten nationalkommunistischen SED-Funktionär Anton Ackermann", rechtfertigt sich Rabehl.

Mit solchen Sätzen provoziert der Professor für Soziologie den Zorn vieler Apo-AktivistInnen, die sich gegen die nachträgliche nationalistische Umdeutung ihres Widerstands wehren. Dabei könnte ein Rückblick manchen Mythos ankratzen. Die heutigen Forschungsverbund-Mitarbeiter Siegwart Lönnendonker, Rabehl und Staadt gaben während der siebziger Jahre die Zeitung Langer Marsch heraus, die schon 1978 die "nationale Frage von links" aufwarf. Jetzt sind sie endlich da angekommen, wo ihre Väter 1945 beim Marschieren stehenblieben.