Ein Pen

Acht Jahre später: Die Ost- und Westverbände des Pen haben sich vereinigt, jetzt ganz offiziell in Dresden. Mit der vollzogenen Fusion fällt zwar das Top-Gesprächsthema der Organisation weg, dennoch verteidigten die Schriftsteller auf der ersten gemeinsamen Tagung am vergangenen Wochenende in Darmstadt ihre Rolle als gesellschaftliche Avantgarde, z.B. mit Debatten über eine neue Nationalhymne. Sollte nicht zukünftig die "Kinderhymne" von Brecht abgespielt werden? Dafür plädierte der Publizist Otto Köhler. "Glossen zu Brechts Wendungen und holprige Stegreifverse belustigten die Versammlungen, bis der Antrag zurückgezogen wurde." (Berliner Zeitung) Damit's auch lustig bleibt, wählten die Autoren den Schriftsteller Christoph Hein zu ihrem Präsidenten. Der aus der DDR stammende Autor hatte erst kürzlich bewiesen, daß er dem diesjährigen Friedenpreisträger Martin Walser dicht auf den Fersen ist, als er den Versailler Vertrag als ein Diktat bezeichnete, das "schädlich und demütigend" gewesen sei. Hein wurde von den Delegierten in Dresden ohne Gegenstimme zum Präsidenten des gemeinsamen Pen gewählt. Eine Spätfolge von Versailles?