Alternative Lebensformen

Schönbohms Gay Classics

Als beim Christopher Street Day 1997 Zivilbeamte vom linken "Herz-mit-Hirn-Block", den sie gerade auf Video bannten, zur Rede gestellt wurden, erwies sich einer der amtlichen Dokfilmer als Mitglied von HAPol, des "Homosexuellen Arbeitskreises Polizei Berlin-Brandenburg": Er habe Order, genau diese Wagen zu filmen.

Letzten Freitag lud eben jener HAPol zur öffentlichen Party in den "Terminal Dance Club" am Flughafen Tempelhof - "mit Tombola, Showeinlage und Gay Classics". "Gäste sind auf jeden Fall willkommen", warb der Tagestip des schwulen Szenekalenders Sergej. Irrtum, nicht jeder war im früheren Alliierten-Casino wohlgelitten. Vor allem keine Politschwestern vom "Queer-Bündnis", dessen Busse am 1. Mai auf dem Rückweg von der Demo gegen den NPD-Aufmarsch in Leipzig kurz vor Berlin abgefangen und deren Insassen in die Tempelhofer Polizeizentrale gebracht wurden.

Freitag abend empfingen nun drei Lesben und ein Schwuler des Bündnisses die in der Einladung angekündigten "Tanzenden Bullen": Mit Blitzlichtgewitter und Losungen wie "Homo-Bullen sind Szenespitzel" und "Auch Homo-Bullen schieben Flüchtlinge ab". Auf Flyern erklärten sie: "Auch homosexuelle PolizistInnen willigen mit ihrer Berufswahl ein (...), Flüchtlinge abzuschieben, linke DemonstrantInnen und Antifas gar unzärtlich zu behandeln, Mitmenschen auszuspitzeln, Homolokale zu filzen."

Fotos von sich selbst mögen Bullen aber gar nicht, nicht mal solche vom Kampf "für die Gleichberechtigung und Akzeptanz schwuler und lesbischer PolizistInnen", zu dem das Szeneblatt Queer die Fete erhoben hatte. Die Kollegen vom Dienst fuhren vor, nahmen Personalien auf und leiteten Verfahren wegen Verdachts auf Beleidigung sowie Verstößen gegen Versammlungs- und Urheberrecht ein. Kurios, denn das subversive Häuflein nannte sich "Ohlson-Bande"; das zu schützende dänische Kulturgut heißt aber "Olsen-Bande". Ebenso absurd ist angesichts von Partytitel und Veranstalter der Beleidigungsvorwurf. Zudem sollte die Aufforderung "Lassen Sie sich nicht für Spitzeldienste gewinnen!" vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt sein. Pech hatten die Beamten hinsichtlich der Filme - die Apparate waren leer. Blieben nur Flugblätter und zwei Trans-parente zu beschlagnahmen und Platzverweise zu erteilen.

Schirmherrin des "2. HAPol Pride" war Schönebergs grüne Bezirksbür-germeisterin Elisabeth Ziemer; per Grußwort entschuldigte sich Brandenburgs Law-and-order-Minister Alwin Ziel. CDU-Innensenator Jörg Schönbohm verschmähte ebenfalls das Buffet. Aber anders als zur ge-schlossenen Gesellschaft 1997, hatte er zum Ärger der HAPol-Vorsitzenden Silke Hindahl nicht mal abgesagt.