Zeuge aus dem Off

Laut war es im Bus, mit dem die Verletzten in der Nacht nach dem Anschlag in der Lübecker Hafenstraße ins Krankenhaus gefahren wurden. Und ganz allein hat er, Safwan Eid, dort gesessen, hinten im Bus, hatte Jens Leonhardt, der einzige Zeuge gegen den Hausbewohner, ausgesagt. Zweieinhalb Jahre nach dem tödlichen Feuer, soll jetzt plötzlich ein weiterer Mann, ein Medizinstudent, aufgetaucht sein, der von dem Libanesen im Bus diese verhängnisvollen Worte gehört haben will: "Wir warn's". Das zumindest hat ein Notarzt, dem der Student davon bei einem Seminar über Streßsituationen erzählt haben soll, telefonisch einen Monat nach dem Freispruch Eids im Spätsommer 1997 Richter Rolf Wilcken berichtet. Der Lübecker Richter hat den Anruf offenbar nicht all zu ernst genommen und erst Mitte April die Staatsanwaltschaft davon in Kenntnis gesetzt.

Jetzt, wo mit der Entscheidung über eine Revisionsverhandlung beim Bundesgerichtshof am 22. Juli das Thema "Lübecker Brandanschlag" wieder auf der medialen Tagesordnung stehen könnte, gerät die Information über den angeblichen Zeugen an die Öffentlichkeit. Bislang hatten weder Leonhardt noch andere, die im Bus mitgefahren waren, diesen "Medizinstudenten" je erwähnt. Eine protokollierte Aussage gibt es nicht. "Safwan Eid wird wieder einmal durch Gerüchte verunglimpft - belegte Fakten jedoch fehlen", reagierte Holger Wulf vom Lübecker Bündnis gegen Rassismus.

Die Aussage Leonhardts, der das Geständnis von Safwan Eid gehört haben will, war von den Richtern ohnehin nicht angezweifelt worden. Freigesprochen wurde der Libanese, weil diese Aussage allein nicht für eine Verurteilung ausgereicht hätte. Indessen haben die Lübecker Nachrichten vergangene Woche berichtet, das wieder aufgenommene Verfahren gegen die tatverdächtigen Grevesmühlener Männer werde bald eingestellt. Dann ist die Welt ja wieder in Ordnung.