Die Spaltung von Srpska

Verschiedene Indizien weisen auf Pläne hin, die Region um Banja Luka als Kanton an die Föderation Bosnien-Herzegowina anzuschließen

In den vergangenen Tagen machte in kroatischen, serbischen und bosniakischen Medien eine für die exjugoslawischen Öffentlichkeiten bedeutungsvolle Spekulation die Runde: Banja Luka und der gesamte Westteil der Republika Srpska sollen abgespalten und als Kanton der Föderation Bosnien-Herzegowina angeschlossen werden. Die Beweise sind zahlreich: Äußerungen einzelner einheimischer Politiker, Informationen aus anonymen diplomatischen Quellen und Artikel amerikanischer Zeitungen bis hin zur Behauptung, einige strategische Fabriken, die Hauptpost der Entität sowie die Medizinische Fakultät seien bereits aus der Stadt evakuiert worden.

Alles hatte mit der Äußerung des bosnischherzegowinischen Außenministers Jadranko Prlic« begonnen, Banja Luka sei "von strategischem Interesse für das kroatische Volk" (Dnerni Avaz, 11. August), sowie mit einem Artikel im Ljiljan vom 13. August mit der langen Überschrift "Einige Dinge deuten darauf hin, daß die Region Banja Luka an die Föderation fallen wird - sagte Tudjman zu Izetbegovic« in Split": "Der interessanteste Teil des Gesprächs zwischen Tudjman und Izetbegovic« bezog sich auf die Information des kroatischen Präsidenten über die mögliche Veränderung der inneren Grenzen Bosnien-Herzegowinas. Dieser sagte nämlich zu Izetbegovic« unzweideutig, daß 'Banja Luka und die Region gen Kroatien gravitieren' und daß 'einige Dinge darauf hindeuten, daß dieses Gebiet an die Föderation gehen wird'!?"

Tudjmans und Prlic«s Äußerungen riefen scharfe Reaktionen der serbischen Seite hervor. Die Tageszeitung Vesti schrieb am 16. August unter der Überschrift "Kriegsspiele um Banja Luka", die Aspirationen der Kroaten und Muslime auf den Westteil der Republika Srpska und insbesondere auf Banja Luka könnten "zu einem Konflikt großer Ausmaße und einem neuerlichen Ausbruch der Kämpfe in Bosnien-Herzegowina führen".

Die bosnisch-serbische Nachrichtenagentur SRNA und die von Pale kontrollierte, in Banja Luka erscheinende Tageszeitung Glas Srpsli beurteilten die Handlungen von Präsidentin Biljana Plavsÿic« als gehorsame Ausführung von Plänen der internationalen Gemeinschaft zur Spaltung und Auflösung der Republika Srpska. Dabei wurde Plavsÿic«s Ablehnung des Verfassungsgerichtsentscheids, der die Parlamentsauflösung durch die Präsidentin verfassunsgwidrig nannte, hervorgehoben. In diesem Kontext wird verständlich, daß ein Artikel der Washington Post nicht nur in den bosnisch-serbischen Medien große Aufmerksamkeit fand. In der Tageszeitung Vestz vom 21. August heißt es: "Die Washington Post schreibt, es sei höchst ungewiß, wie die Wahlen in der Republika Srpska realisiert werden könnten. 'Falls die Abstimmung nur auf einem Teil des Territorium der Republika Srpska stattfinden würde, dann hätte die serbische Entität kein einheitliches Parlament mehr und wäre faktisch in zwei Teile geteilt', konstatiert das amerikanische Blatt."

Das Belgrader Wochenblatt Nedeljni Telegraf schrieb am 20. August: "'Ein ausreichender Beweis dafür, daß die bosnisch-serbische Krajina zur Disposition steht, ist die Evakuierung der militärischen Fabrik Kosmos (Ö), sagt Vinko Stupar, Vorsitzender des Serbischen Bürgerrates in Banja Luka. 'Pale hat auch alle Spezialeinheiten und schnellen Einsatztruppen der bosnisch-serbischen Armee aufgelöst und den Generalstab nach Bijeljina versetzt, das sich näher an Serbien als an der Krajina befindet'. Der Serbische Bürgerrat warnt vor dem 'teuflischen Ausverkauf von Territorien im Auftrag von Karadzÿic«s SDS mit dem Segen Milosevic«s'".

Im serbisch-kroatischen Deal sind nach Informationen aus den Kreisen des Patriotischen Blocks in Banja Luka drei Optionen möglich. Jede von ihnen sieht vor, daß die bosnische Krajina definitiv in Kroatien landet. Nach Szenario eins würde sich die Übergabe der Krajina schrittweise vollziehen, etwa 20 Jahre dauern und unter dem Stichwort 'wirtschaftliche Migration' gehandhabt werden. Der Teil der serbischen Territorien bis Brcko würde keine internationale Hilfe bekommen, so daß die verarmte serbische Bevölkerung wegziehen müßte.

Eine andere Option würde die Wiederaufnahme bewaffneter Kämpfe im Gebiet der Krajina bereits im nächsten Frühjahr vorsehen, in denen die Einheiten der Sfor eine bedeutende Rolle spielen würden. Die Sfor würde nach diesen Informationen den Konflikt nicht direkt verhindern, sondern nur den Rückzug der Bevölkerung schützen. Kroaten und Muslime könnten so gleichzeitig vom Nordwesten und Südosten Bosniens her angreifen und in höchstens 45 Tagen die Krajina und die Lsavina-Ebene einnehmen.

Nach der dritten Version würde die bosnische Krise im Sinne des kroatischen Präsidenten Tudjman gelöst, wobei die Serben für ihre 'Zusammenarbeit' mit dem Erhalt der Region Tuzla 'belohnt' würden. Im Gegenzug würden sie angeblich den Teil der Republika Srpska bis zum linken Ufer der Bosna abgeben und auf das gesamte Territorium in der Region Sarajevo verzichten müssen.

Sich auf vertrauliche diplomatische Quellen berufend, schreibt Globus, der amerikanische Diplomat Jacques Klein, vor kurzem aus Ostslawonien als Stellvertreter des Hohen Repräsentanten der internationalen Gemeinschaft nach Sarajevo versetzt, habe den Geheimauftrag erhalten, Banja Luka und den gesamten Westteil der serbischen Entität aus der Republika Srpska unter der Kontrolle von Pale herauszulösen.

Würde man Banja Luka als eigenen Kanton direkt mit der Föderation verbinden, wäre die schwierige Frage Brcko gelöst und die Macht der Führung in Pale geschwächt. Eine der Methoden zur Erreichung dieses Ziels ist die Unterstützung Biljana Plavsÿic«s durch den Westen wie auch der Druck auf Kroatien, schnellstens die Grenzübergänge zum Westteil der Republika Srpska zu öffnen, um Banja Luka wirtschaftlich wieder mit Zagreb zu verbinden, das diesem Teil Bosniens näher ist als Sarajevo und vor allem Belgrad".

Der Sender resümiert: "Im übrigen erinnert ein solcher Plan an die heute bereits vergessenen Zeichnungen der Aufteilung Bosniens, die Franjo Tudjman auf eine Serviette anläßlich eines Londoner Banketts malte, wonach allein der Ostteil der Republika Srpska mit Jugoslawien verbunden wäre und ihm vielleicht später angeschlossen würde."

Redaktionell bearbeiteter und gekürzter Beitrag aus Balkan-Press