Eine Aufforderung, Manfred Dahlmann zu lesen

Wahrheit und Gegenidentifikation

Der postnazistische Nominalismus versucht, mit dem Jargon von Narrativen, Webmustern und ähnlichen Metaphern die Ideologie- und Erkenntniskritik zu verdrängen, und macht Antisemitismus und Rassismus, Auschwitz und Kolonialismus austauschbar.

»Nicht die Wissenschaft, nicht der Wissenschaftler fragen nach Wahrheit – sie interessieren sich allein für die Bedingungen, die das Funktionieren eines gegebenen Zusammenhangs sicherstellen; für sie ist die praktische Verwertbarkeit entscheidend.« In offenem Widerspruch zu solcher Wissenschaftlichkeit sei der gegebene Funktionszusammenhang selbst zu thematisieren, also nach einer Wahrheit zu fragen, die nicht unmittelbar zutage trete, sondern die die empirischen Tatsachen ihrer Möglichkeit nach erst bedinge. So kündigte Manfred Dahlmann 2009 seinen Vortrag zu der Frage »Was ist Wahrheit?« an.

Bei der Meinungsbildung jederzeit an die praktische Verwertbarkeit zu denken, kann Verschiedenes heißen: Außerhalb der Naturwissenschaften – wo, was jemand so glaubt und denkt, in der Regel nur metaphorischer Verwertbarkeit unterliegt – heißt es vor allem, Meinungen zu produzieren und damit die jeweilige politische beziehungsweise ideologische Nachfrage zu bedienen, deren Grundbedürfnisse aber immer gleich bleiben und wie in den Naturwissenschaften – die ganz unmetaphorisch der Verwertung dienen können – beinhalten, jenen Funktionszusammenhangs konsequent auszublenden.

Statt nach Wahrheit zu suchen, stellt man sich auf den Standpunkt einer Art sinnlicher Gewissheit: Es gebe einerseits historische Tatsachen und andererseits Narrative.

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