Bye-bye, Amatonormativität
Vor 20 Jahren veröffentlichte die Journalistin Katja Kullmann ein Buch, das zum Bestseller wurde. Es ging um den schwierigen Balanceakt der Frauen ihrer Generation, die zwischen Karriere, Selbstoptimierung, emanzipatorischen Ansprüchen und Liebesidealen hin- und hergerissen waren und manch unliebsamen Realitätsschock erlebten. »Generation Ally. Warum es heute so kompliziert ist, eine Frau zu sein«, so der Titel, traf das Lebensgefühl von Frauen Mitte dreißig, die sich, wie die Titelheldin Ally McBeal aus der US-amerikanischen Anwaltsserie, gegen tradierte Rollenmuster wehrten. Zwei Jahrzehnte später beschäftigt sich Kullmann erneut mit dem Selbstverständnis der Frauen ihrer Generation und stellt in ihrem Buch »Die singuläre Frau« fest: Immer mehr Frauen leben dauerhaft »ohne Begleitung«, manche aus Überzeugung, andere unfreiwillig. Das Single-Dasein ist keineswegs nur eine Phase im Übergang zu Ehestand oder Partnerschaft, sondern für viele ein Lebensentwurf.
Kullmann, Anfang 50, gehört selbst zur Gruppe der Alleinlebenden. Sie sei Langzeit-Single und lebe durchaus gerne so, schreibt die Autorin; sie mag diesen Status, ihr Leben und schätzt die unbegleitete Frau auch als Sozialtyp. Und sie findet, es sei höchste Zeit, gegen die Stigmatisierung der Single-Frau vorzugehen. Kullmann beschäftigt sich mit verbreiteten Klischeebildern alleinlebender Frauen, die keinesfalls »früheren Zeiten« angehörten. Mal ist die Single-Frau »die, die keinen abbekommen hat«, mal ist sie die, die »kein Glück in der Liebe hatte«, mal die »Katzenlady«, die schnell zum »frigiden Freak« erklärt wird. Die »Frau ohne Begleitung« gilt vielen als sozialer Störfaktor und ist immer wieder, nicht nur verbal, bekämpft worden.
»Die singuläre Frau« ist nicht nur eine ebenso schonungslose wie bewundernswert ironische Selbsterkundung, sondern auch eine Kulturgeschichte der »Frau ohne Begleitung«.
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