Imprint: Die Geschichte des linken Antisemitismus in Österreich

Israel als Streitfall

Von der Judenfeindschaft in der österreichischen Arbeiterbewegung über die Unterstützung radikaler Palästinenser in der Achtundsechzigerbewegung bis zum Israelhass der BDS-Kampagne: Stephan Grigat zeichnet die Geschichte des linken Antisemitismus in Österreich nach.
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Die Ideologie des Antisemitismus, die in der postnazistischen Welt ohne bekennende Antisemiten auskommt, ist für einige Linke schon deswegen attraktiv, weil sie sich den Anschein des Rebellischen gibt. Hannah ­Arendt wusste schon in den fünfziger Jahren, dass es sich bei der Annahme, Antisemitismus sei ausschließlich ein Phänomen der politischen Rechten, um ein hartnäckiges Vorurteil handelt. Besonders deutlich wird das bei zahlreichen linken Positionierungen zu Israel.

Im Antizionismus der Linken wird jenes binäre, dichotomische antiimperialistische Schema, das jahrzehntelang die vorherrschende linksradikale Sicht auf globale Herrschaftsverhältnisse geprägt hat, auf die Situation im Nahen Osten angewendet. Ideologiekritische Ansätze können zeigen, inwiefern der Antisemitismus die Biologisierung und Personalisierung des real Abstrakten kapitalakkumulierender Ökonomie betreibt. In Anknüpfung an solch ein Antisemitismusverständnis in der Tradition der Kritischen Theorie können sie auch deutlich machen, inwiefern der Antizionismus in nahezu all seinen Ausprägungen eine geopolitische Reproduktion des Antisemitismus darstellt. Dabei geht es nicht in erster Linie um den Antizionismus vor dem Nationalsozialismus, der sich gerade als linksradikaler mit dem Verweis auf die (vermeintlich) anstehende allgemeine Emanzipation, die auch den Antisemitismus aus der Welt schaffen würde, noch halbwegs legitimieren konnte, sondern um den postnazistischen, dessen Kern es ist, Juden mit welcher Begründung auch immer das Recht auf einen eigenen Nationalstaat selbst noch nach der Shoah, nach dem Scheitern nicht nur des bürgerlichen Gleichheitsversprechens, sondern auch der kom­munistischen Emanzipationserwartung zu verwehren.

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