Der Boxer Khoren Gevor kehrt nach einem Knieschuss in den Ring zurück

Nach Knieschuss im Ring

Der Mord an dem jungen Boxer Tunahan Keser sorgte im vergangenen Jahr für großes Aufsehen. Sein Trainer steht nach einer schweren Schussverletzung mittlerweile selbst wieder im Ring.

Kurz nach Mitternacht stieg Choren Geworgjan, in der Boxwelt besser bekannt unter dem Namen Khoren Gevor, aus seinem Wagen. Dann schoss ein Unbekannter dem ehemaligen Europameister im Mittelgewicht gezielt ins Knie. Am selben Tag verschwand Gevors Schützling, der Nachwuchsboxer Tunahan Keser, spurlos. Diese beiden Ereignisse sind der Auftakt eines Kriminalfalls, derbislang nicht aufgeklärt wurde.

Gevor, 1980 in der damaligen ­Sowjetrepublik Armenien geboren, galt in der Boxwelt als ­talentierter, aber unberechenbarer Sportler. In seiner Zeit als Amateurboxer gewann er 72 von 75 Kämpfen. Er wurde sechsmal armenischer Meister und wechselte im Jahr 2000 ins Profi­geschäft. Das Hamburger Boxunternehmen Universum Boxpromotion nahm ihn unter Vertrag. Sein Trainer wurde Fritz Sdunek. Seinen größten Erfolg erzielte Gevor in Finnland. Im November 2008 ­bezwang er vor 10 000 Zuschauern in der Hauptstadt Helsinki den fin­nischen Europameister Amin Asikainen durch einen technischen K.o. in der siebten Runde. Mit diesem EBU-Europameistertitel im Mittelgewicht konnte der ehrgeizige Boxer die unglückliche Niederlage ein Jahr zuvor gegen ­Arthur Abraham im Kampf um die IBF-Weltmeisterschaft vergessen ­machen. Bis zur zehnten Runde hatte er nach Punkten geführt, um dann aber doch noch in der elften Runde k.o. zu gehen.

Die Ermittler konnten den mutmaßlichen Mörder des Boxers nicht mehr befragen. Er hatte sich in der Untersuchungshaft das Leben genommen.

Mit Gevors Karriere ging es aber trotz des Titelgewinns nicht so richtig bergauf. 2009 verlor der Boxer ­einen Weltmeisterschaftskampf gegen Felix Sturm. Ein Jahr später, nachdem er einen Aufbaukampf für sich entscheiden hatte, unterlag er Dimitri Sartison beim Kampf um die WBA-Weltmeisterschaft im Supermittelgewicht. Auch den Titelkampf gegen Robert Stieglitz im April 2011 verlor Gevor. Während des Kampfs fiel er immer wieder durch unsauberes Verhalten auf, umklammerte seinen Gegner und versetzte ihm schließlich einen Kopfstoß. Beide gingen zu Boden. Dabei zog sich Stieglitz eine Platzwunde über dem rechten Auge zu. Gevor wurde disqualifiziert. Seine Reaktion auf die Disqualifikation sorgte für einen ­Eklat: Er griff den Ringrichter an und musste von Offiziellen und Betreuern aus der Halle geführt ­werden.

Die Dauer der darauffolgenden Sperre durch den Bund Deutscher Berufsboxer (BDB) wurde reduziert, weil der Verband die Entschuldigung Gevors akzeptierte, zudem hatte er bis zu dem Kopfstoß als »ta­delloser Sportsmann« gegolten. Doch bereits wenige Monate später folgte der nächsten Eklat. Nachdem er einen Kampf gegen Baker Barakat knapp nach Punkten verloren hatte, traktierte er zuerst den Ringrichter mit Schlägen, was eine Schlägerei inner- und außerhalb des Rings auslöste. Dann ging Gevor auf die Zuschauer los. Ein größerer Tumult konnte nur abgewendet werden, weil Barakat beruhigend auf das Publikum einwirkte. Erst dem Sicherheitspersonal gelang es, den wütenden Gevor aus der Halle zu ­geleiten. Im Nachhinein behauptete der Boxer, den Punktzettel gesehen zu haben, auf dem ein Unentschieden verzeichnet gewesen sei.