Tote Masse

Aus, vorbei, abgeschaltet – die Livecams, die wochenlang auf den norwegischen Berg Mannen gerichtet waren, dessen Auseinanderfallen von Experten als unmittelbar bevorstehend angekündigt worden war, übertragen keine Bilder mehr. Was sehr schade ist, denn die Impressionen des ruhig vor sich hinstehenden Berges gehörten mit zum Schönsten, was es 2014 im Internet zu sehen gab. Vor allem die nächtlichen Live-Aufnahmen des großen Nichtereignisses »Ein Berg fällt um, ganz sicher, und zwar bald, also bald im Sinne von irgendwann« waren von grandioser Schönheit. Ansonsten geben die großen Medien eines Landes ausgesprochen selten viel Geld aus, um absolute Dunkelheit zu übertragen (die im norwegischen Fall auch noch winterbedingt viele, viele Stunden dauert), oder um extra eine Wärmebildkamera zu installieren, mit der grisselige graue Bilder produziert werden. Umso bedauerlicher war es, dass der vor Weihnachten an der Küste von Bergen angeschwemmte tote Wal keiner Fernsehanstalt eine Liveübertragung wert war. Tote Wale sind zwar unansehnlicher als Berge, haben aber Action-Potential, weil sie nämlich, wenn sie nur lange genug verstorben sind, explodieren, weswegen man normalerweise Löcher in sie hineinbohrt, damit die in ihnen angestauten Gase entweichen können. Das klappt nicht immer, wie zahlreiche Youtube-Videos beweisen. Ganz besonders dumm ist es allerdings, einen toten Wal sprengen zu wollen, wie es die Oregon State Highway Division 1970 tat, weil man dachte, handliche kleine Walstücke würden schnell von Vögeln aufgegessen und weg sei das große Problem. Sich auf großer Fläche verteilender stinkender Meerestiermatsch kam in den Plänen jedoch nicht vor. Die norwegische Lösung war immerhin eleganter: Der Wal wurde ins Meer geschleppt und dann von einer Maschinenpistole durchlöchert.