Alles im Fluss

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»Der Untergang«, »Jahrhundertflut«, »Katastrophe«, »Soldaten«, »Merkel«, »Deutschland säuft ab« – ein Blick in die Medien lässt ein apokalyptisches Bild entstehen. Der Blick aus dem Fenster zeigt: blauer Himmel, Sonnenschein. Also gut, begebe ich mich für die Jungle World mal wieder auf eine lebensgefährliche Recherche und berichte vom Hochwasser. Weil es nicht gern gesehen wird, wenn man aus der dritten Reihe die Ereignisse beschreibt, besteige ich ein Schiff und lasse mich auf den Rhein hinausfahren. Viel Wasser, klar, aber von Katastrophe keine Spur, es wird Cappuccino serviert. Der allerdings ist in der Tat katastrophal. Der Kapitän beschreibt gelassen die Sehenswürdigkeiten am Ufer. Der Rhein ist breit wie selten, viele Bäume stehen bis zur Spitze im Wasser. Stromaufwärts, gegen den Strom, schaffen wir grade mal sechs Knoten, abwärts geht’s mit geilen 25 Knoten. Einen Hafen können wir nicht anlaufen, weil der Pegel zu hoch ist. Eine Brücke in einem Nebenbecken lässt sich aus demselben Grund nicht unterfahren. In den dreieinhalb Stunden, die ich mich auf dem Rhein befinde, ist der Pegel beachtliche zehn Zentimeter gestiegen, der Hafenmeister in Ruhrort misst gerade 7,06 Meter. Mein Adrenalinpegel kann da nicht mithalten. Ich genieße am Heck die Sonne. Das Handy klingelt. Eine Kollegin aus Italien ruft an, sie muss einen Artikel über das Hochwasser ­schreiben, es ist dringend, sie sitzt aber in Rom und erreicht am Sonntag in Deutschland keine Sau. Ich frage den Kapitän. Er meint, sie soll bei Elvis im Internet nachfragen. Bei wem? Bei Elvis. Elvis? Nein, bei ELWIS, dem Elektronischen Wasserstraßen-Informationsservice. Ich sag’s der Kollegin, weiß aber nicht, ob ihr das weiterhilft. Am Ufer sieht man Bauern ihre Strohballen einsammeln, bevor der Fluss sie wegreißt. Denn es wird noch mehr Wasser erwartet. Als das Schiff wieder in Duisburg an der Schifferbörse anlegt, machen alle schnell noch Fotos: We survived Hochwasser 2013.