Twitter verklagt

Muss sich ein internationales Unternehmen an die Gesetze halten, die in dem Land gelten, wo seine Kunden wohnen, oder gelten allein die Vorschriften am Firmenstandort? Wenn es nach der französischen Union des étudiants juifs, dem Verband jüdischer Studenten, geht, wird diese Frage bald richterlich entschieden, denn der Verband hat Twitter in der vergangenen Woche vor einem Pariser Gericht auf Zahlung von 50 Millionen Euro verklagt. Grund der Klage sind antisemitische Tweets, die im vorigen Jahr unter dem Hashtag #unbonJuif, deutsch: ein guter Jude, über den Social-Media-Dienst verbreitet wurden. Neben antijüdischen Klischees und Beleidigungen wurden auch Holocaust-Witze getwittert. Twitter sah trotz diverser Beschwerden keine Veranlassung, die Attacken zu stoppen. Deutsche User rufen gegen offenkundige Nazi-Accounts in ­aller Regel zu sogenannten Spamblocks auf, das heißt, einen Account zu blocken und gleichzeitig automatisch als Spam-Verschicker an Twitter zu melden. Garantierten Erfolg bringt solches organisiertes Vorgehen jedoch auch nicht. Am 24.Januar urteilte ein Pariser Gericht, dass Twitter alle dem Unternehmen vorliegenden persönlichen Daten der Nutzer weitergeben muss, die sich an der #unbonJuif-Kampagne beteiligt und damit gegen die französischen ­Antidiskriminierungsgesetze verstoßen haben.
Twitter verweigert dies jedoch bis heute, da nach Ansicht des Plattformbetreibers für den Dienst ausschließlich die US-amerikanischen Gesetze gelten und diesen zufolge die verbreiteten Hassbotschaften unter die Meinungsfreiheit fielen. Ein Termin für die 50 Millionen-Euro-Klage steht noch nicht fest, Vertreter des Studentenverbands sind allerdings entschlossen, die Sache weiter zu verfolgen – egal wie lang es dauern mag.