Darm-Monologe

Wie sich das anhört, wenn Menschen einander ihre Verdauungsprobleme schildern, weiß jeder, der schon einmal länger als eine halbe Stunde in einem von Senioren frequentierten Café zugebracht hat. Verstopfungen, Blähungen, Durchfälle, Völlegefühle und saures Aufstoßen werden in solchen Etablissements mit viel Engagement thematisiert – und das ist soweit ja auch vollkommen in Ordnung.
Gar nicht in Ordnung, und zwar sowas von überhaupt kein bisschen in Ordnung, ist da­gegen, womit dieser Joghurtgetränkehersteller, dessen Name hier zur Strafe verschwiegen wird, glaubt, uns nun schon seit Wochen in jeder, aber auch wirklich jeder Werbepause belästigen zu müssen: Leute erzählen uns ihre Verdauungsgeschichten. Und zwar nicht Schauspieler, sondern Laien-Magendarm-Inhaber. Und das wirft Fragen auf: Denkt die Werberbrut allen Ernstes, dass Menschen mit Problemen im Gastrodingsbums-Bereich glauben, mit dem Essen von ein paar Milchprodukten werde alles wieder gut? Glaubt das Reklamepack echt, dass es den Appetit auf Joghurt-Zeug oder irgendein anderes Nahrungsmittel fördert, wenn Leute Abend für Abend, ach was: Stunde für Stunde länglich von ihren Verdauungs­organen berichten und sich anschließend löffelweise weiße Glitschpampe in den Mund stecken?
Und was ist mit den Testimonials, also den Menschen, die sich freiwillig für diese Kampagne abfilmen ließen, los? Klar hat jeder das altbekannte Recht auf seine fünf Minuten Ruhm, aber war es ihnen wirklich nicht möglich, die mit ­irgendwas anderem als mit der eigenen Verdauung zu erreichen? Nein? Gut – dass das Seniorenpaar keine große Lust hatte, bei DSDS vorzusingen, war zu erwarten, aber diese Radiomoderatorin echt auch nicht? Hmmm. David Lynch hat recht: Es ist eine fremde, seltsame Welt da draußen.