Der Wetterfrosch im Sexsumpf

Ob Jörg Kachelmann schuldig ist oder nicht, ist für den neutralen Bebachter nicht herauszufinden, denn das, was in Zeitungen und Zeitschriften über den Fall vermeldet wird, ist höchst widersprüchlich. Was vor allem daran liegt, dass sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Verteidigung anscheinend glauben, Kachelmanns weiteres Schicksal werde nicht vor Gericht, sondern von einer Leser-Jury entschieden. Das wäre immerhin eine logische Erklärung dafür, warum seit Wochen immer wieder Details aus Gutachten und Vernehmungen gezielt an die großen Medien weitergegeben werden.
Man hofft wohl, die Meinung des Publikum beeinflussen zu können. Und ahnt nicht, dass die meisten Leser bereits jetzt vollkommen genervt von dem Schauspiel sind, das am Ende wohl nur Verlierer haben wird: Kachelmann, über dessen Privatleben und sexuelle Vorlieben man bereits jetzt mehr weiß, als man jemals erfahren wollte. Und das Opfer, dessen Namen man zwar nicht kennt, über dessen Geschlechts­verkehr-Präferenzen man aber dafür bestens informiert ist, und eben Anklage und Anwälte, deren Verhalten bewirkt, dass wohl eine Generation heranwächst, die beim Anbliick von Hochs und Tiefs im Wetterbericht unweigerlich an Reitpeitschen und benutzte Tampons denken muss (wer diese Assoziation nicht versteht, hat es geschafft, die Kachelmann-Berichte weiträumig zu überlesen, Glückwunsch).
Dass Steffi Graf nun yoghurttechnisch der neue Kachelmann ist und an seiner statt in Spots das Milchgetränk Actimel anpreisen wird, ist aus mehreren Gründen eine gute Idee: Sie sieht aus, als hätte sie kein nennenswertes Darmproblem. Ganz zu schweigen von Damen-Problemen.