Einfach mal losbrettern

Vielleicht muss man sie live gesehen haben, muss erlebt haben, wie das Trio aus Oregon ein wahres Übermaß an Energie produziert. Wie es selbst filigrane Indie-Prinzessinnen mit Alabasterhaut dazu zwingt, in den Mosh-Pit zu steigen und auf halsbrecherische Art loszutoben. Und das alles mit einem einzigen Song. Oder besser: mit einem Generalthema, mit (Lo-Fi-)Punk, der superstraight inszeniert wird. Zusammen mit den frappierend hymnischen Melodien und dem rotzigen Gesang ist die Ekstase des Zuschauers ausgemachte Sache. Natürlich sind die Thermals auf Platte nur beinahe so gut wie auf der Bühne.
Das gilt auch für den vierten Longplayer der Band, für »Now We Can See«. Von Sub Pop sind die Thermals zum Portlander Label Kill Rock Stars gewechselt. Also von einer guten Adresse zur anderen. Und was jedem Thermals-Fan sofort auffallen dürfte: Die Band hat das Rauhe ihrer ersten Platten zugunsten einer transparenteren und dynamischeren Produktion deutlich zurückgenommen. Die Geschwindigkeit gedrosselt hat sie außerdem. Dadurch gerät ihr neues Album einen Funken poppiger, stellenweise aber auch etwas zäher. Macht nichts. Wundervoll – dieses Mal mit einem Fokus auf Tod und Verwüstung – bleiben die Texte. Zynische, metaphorisch aufgeladene Gesellschaftskritik von links außen hören wir auf »Now We Can See«. Drunter und drüber großartige Hooklines und schicke Powerchords. Davon wird die Welt zwar nicht besser, aber schöner schon.

The Thermals: Now We Can See (Kill Rock Stars/Cargo)