Serie über Serien: »Kottan ermittelt«

»Inspektor gibt’s kan!«

Serie über Serien. doris akrap über ihre Liebe zum Wiener Schmäh in »Kottan ermittelt«

So ziemlich jeder, der die achtziger Jahre erlebt hat, dürfte den österreichischen Popsänger Falco kennen und seinen Hit »Der Kommissar«. Relativ unbekannt hingegen ist, dass Falco zu diesem Song inspiriert wurde, als er in der österreichischen Fernsehserie »Kottan ermittelt« einen Gastauftritt mit seiner Band Drahdiwaberl hatte.
Tatsächlich spielt die Musik eine wichtige Rolle in der 19teiligen Serie aus den Jahren 1976 bis 1983 rund um den charmant faulen Major Adolf Kottan, den einbeinigen Dezernatsleiter Paul Schremser, den unfähigen Assistenten Alfred Schrammel und den schizophrenen Polizeipräsidenten Heribert Pilch.
Im Laufe der Serie werden die mordarmen Zeiten immer ausgedehnter, und die drei Ermittler widmen sich aus Langeweile dem Rock’n’Roll. Sie richten sich im Polizeipräsidium einen Proberaum ein und singen das schönste Playback, das man je gehört hat.
Auch die Hintergrundmusik wird immer aufdringlicher. Während in der ersten Folge noch Georg Danzer mit Liedern wie »Oide I Hoid Auf Di« das komplette Arrangement lieferte, wer­den später große Rock’n’Roll-Hits zum ständigen Begleiter. So singt Elvis Presley »You’re the devil in disguise«, während die alte Frau Komarek Drohbriefe schreibt, die sie anderen in die Schuhe schiebt. Und während Heribert Pilch den verhassten Kaffeeautomaten auf einen Müllberg schleppt, läuft im Hintergrund »Fool on the Hill« von den Beatles.
Ob mit oder ohne Musik, Major Kottan und seine Kollegen lösen im Verlauf der Serie so gut wie keinen Mordfall. Denn »Kottan ermittelt« ist keine gewöhnliche Krimiserie, sondern eine Pa­rodie auf das Genre und auf die Massenmedien.
Kottan war in Österreich zwar durchaus populär und wurde zur besten Sendezeit ausgestrahlt. Aber nicht alle nahmen die mit viel Wiener Schmäh inszenierte Mediensatire auf die leichte Schulter. So untersagte beispielsweise das größte österreichische Boulevardblatt Kronenzeitung dem Regisseur von »Kottan ermittelt«, dass die Zeitung namentlich in der Serie auftauchen darf. Daraufhin sieht man in der nächsten Folge, wie Paul Schremser mal in einer griechischen und mal in einer arabischen Zeitung liest.
Ab 1981 war die Serie auch im deutschen Fernsehen zu sehen. Während der Folge »Kansas City« lief am unteren Bildrand eine Meldung im Stile eines Nachrichtentickers: »Unbekannte Flugobjekte bei Duisburg gelandet. Sondersendung nach diesem Beitrag«. Hunderte Anrufe gingen danach bei der Polizei und beim ZDF ein, die zeitweise deren Telefonnetz lahm legten. Dass sich die Ufos ausgerechnet Duisburg ausgesucht haben sollten, lag daran, dass zu dieser Zeit der populärste deutsche TV-Kommissar, Horst Schimanski, seine Fälle in dieser Stadt löste.
Die Serie erreichte einen derartigen Kultstatus, dass sogar Eddie Constantine alias Lemmy Caution für einige Auftritte zu gewinnen war, auch wenn er im Wesentlichen immer wieder damit beschäftigt war, den Wiener Schmäh zu verstehen.
Running Gags kennzeichneten die ganze Serie. Sei es, dass der Obdachlose Erwin Drballa immer derjenige ist, der die Leiche findet, sei es der sprechende und boxende Kaffeeautomat im Flur des Polizeipräsidiums, der Heribert ­Pilch in den Wahnsinn treibt und die Parole ausgibt: »Kein Kaffee für Präsidenten. Niemals!«
Doch der häufigste Gag der Serie lautet: »Inspektor gibt’s kan!« Jeder, der Kottan mit »Inspektor« anredet, erhält zunächst diese Antwort. Doch selbst Kottan verliert irgendwann das Vergnügen an diesem Satz und leiert ihn nur noch lustlos herunter. Nicht nur an diesem Running Gag lässt sich erkennen, dass die Schauspieler, der Regisseur und der Drehbuchautor dieser Serie einfach das machten, worauf sie Lust hatten, und sich ihren Witz nicht von den Einschaltquoten vermiesen ließen. So wurde die Serie denn auch frühzeitig vom ORF abgesetzt, obwohl noch sechs fertige Drehbücher vorlagen und produziert werden sollten.

Kottan ermittelt (DVD, Eurovideo, 2007)