Wolle mer se reinlasse? Nä!

Für Samstag laden die Republikaner Natio­nalisten aus ganz Europa zu einem Kongress nach Mainz ein. Von Jan Langehein

Der Schriftzug »Europa der Nationen« prangt der­zeit in großen Lettern ganz oben auf der Home­page der Republikaner; dahinter erstrahlen vor blauem Himmel gotische Kathedralen und klassizistische Portale. »Europa der Nationen« ist der Titel eines Kongresses, den die Republikaner am 6. Oktober in Mainz ausrichten wollen. 800 Teilnehmer will die Partei unter dem Motto »Das Euro­pa der Vaterländer formiert sich!« versammeln; der Vorstand verkündet, auf dem Kongress sei eine »historische Zusammenkunft der europäischen Patrioten« zu erwarten.

Auf »gemeinsame Ziele« wollen die Republikaner das Nationalistentreffen einschwören: auf die »Ab­wehr des aggressiven Islam« etwa, die »Bekämpfung der internationalen Kriminalität« oder den sofortigen »Stopp der unverantwort­lichen Einwanderungspolitik«. Als »langfristiges Ziel« haben sich die Republikaner Großes vorgenommen: die »Neugründung der Europäischen Gemeinschaft im Rahmen eines Bundes souveräner Nationalstaaten«. Zumindest ihr Selbstbewusstsein scheint unter dem schlechten Ergeb­nis bei der Bundestagswahl im Jahr 2005 nicht gelitten zu haben: Gerade mal 0,6 Prozent holte die Partei damals.

Ein Blick auf die Gästeliste der Europa-Konferenz offenbart allerdings, dass es mit der angeblich »historischen« Dimension des Treffens nicht so weit her sein kann: Neben dem Bundesvorsitzenden der Partei, Rolf Schlierer, tritt als Prominenter der FPÖ-Vorsitzende Hans-Christian Strache auf. Bereits der zweite Gastredner, Filip Dewin­ter von den flämischen Separatisten des »Vlaams Be­lang«, dürfte in Deutschland nur Eingeweihten bekannt sein. Die FPÖ schickt neben Strache einen weiteren Europa-Abgeordneten nach Mainz, und auch der französische »Front National« (FN) hat eine Abordnung angekündigt. Das war es dann aber auch. Berühmte Namen wie Jean-Marie Le Pen, Jörg Haider oder Gianfranco Fini von der italienischen »Alleanza Nazionale« (AN) fehlen. Als Signal für einen Neuanfang dürfte das kaum reichen.

Lange Zeit buhlten die Republikaner neben der DVU praktisch allein um rechte Wählerstimmen. Die NPD war ein Verein von Altnazis und jugend­lichen Straßenschlägern, dem parteipolitisch kaum Bedeutung zukam. Die DVU hatte ihrerseits das Problem, mehr die Ein-Mann-Show des Millionärs Gerhard Frey zu sein als eine echte Par­tei. Und so erschienen die Republikaner zeitweise als einzige Wahl der deutschen Rechts­extre­men.

Bedeutung erlangten sie vor allem durch den Vorsitzenden Franz Schönhuber, der ihnen von 1985 bis 1994 Stimme und Gesicht gab. 1989 gelang der Einzug ins Berliner Abgeordnetenhaus und ins Europa-Parlament. Mit Kampagnen gegen die »Asylantenschwemme«, mit paranoiden Tiraden gegen türkische »Sozialschmarotzer« und angebliche afrikanische Dealer traf Schönhuber den Zeitgeist und galt neben Le Pen und Haider lange als Aushängeschild des europäischen Rechts­populismus. Im Jahr 1992 erhielten die Republikaner bei den Landtagswahlen in Baden-Würt­­tem­berg fast elf Prozent der Stimmen – der Höhepunkt ihres Erfolges, von da an ging’s abwärts.

Wie sehr Rechtspopulisten auf populäre Anführer angewiesen sind, merkten die Republikaner, als sie Schönhuber im Jahr 1994 abwählten und durch den heute noch amtierenden Rolf Schlierer ersetzten – einen Mann mit dem Charisma eines Sparkassenfilialleiters. Ihres Chefdemagogen beraubt, konnte die Partei danach keinen einzigen Wahlerfolg mehr verbuchen. Im Jahr 2001 verlor sie ihre letzte Landtagsfraktion; rund 70 Prozent der Mitglieder haben ihr inzwischen den Rücken gekehrt.

Schlierer versucht seit Jahren, das Neonazi-Image der Republikaner loszuwerden und sie als seriöse, nationale Kraft zu etablieren. Er sucht die Anerkennung von staatstragenden Konservativen, die die FPÖ und die AN längst erhalten haben. Anders als Schlierer hatte Schönhuber am Ende jede Biedermeierei fallen gelassen: Kurz vor seinem Tod im Herbst 2005 setzte er sich für ein rechtsextremes Bündnis ein und kandidierte für die NPD. Die Republikaner reagierten darauf mit dem Grundsatzpapier »Keine braune Volksfront!«, in dem sie sich zum Grundgesetz bekann­ten, vor einer Verharmlosung des Nationalsozialismus warnten und den Antisemitismus der NPD anprangerten.

In dem Text wird klar, was heute das Problem der Republikaner ist: Sie können sich zwischen völkischer Ideologie und bürgerlichem Spießertum nicht entscheiden. Vor 15 Jahren gewannen sie Wahlen mit der Stimmungsmache gegen Mi­granten, aber das reicht ihren potenziellen Wählern nicht mehr aus. Der Antisemitismus gehört heute ebenso ins rechtsextreme Repertoire wie ein aufs Finanzkapital zielender Pseudo-Anti­kapi­talismus und der Antiamerikanismus, doch dieser Entwicklung sind die Republikaner nicht gefolgt. Mit ihren Bekenntnissen zum Grund­ge­setz und zum »christlichen Abendland« sind sie für echte Neonazis unwählbar geworden; für enttäuschte Anhänger der Union oder des nationalliberalen Teils der FDP bleiben sie trotz Bekenntnis zum Grundgesetz nach wie vor unakzeptabel, weil ihr Name zu eng mit der nationalistischen und rassistischen Welle der Nachwendezeit verbunden ist.

Schönhuber schürte den Hass auf Migranten und »das System« und befriedigte so das autoritäre Bedürfnis nach einer konformistischen Rebellion. Schlierer dagegen scheint sich auf dem Kongress als zukünftiger Außenminister empfehlen zu wol­len und ersetzt die Illusion des Rebellischen durch zur Schau gestellte Konformität. Die Republikaner heute wollen gutbürgerlichen Chauvinismus, nur ein bisschen kompromissloser als im Ori­ginal, und deshalb gerieren sie sich als die wahren Konservativen: noch weniger Einwanderung, noch mehr Sicherheit, noch mehr kulturelle und nationale Identität! Ob sie mit diesen Forderungen noch irgendjemanden hinter dem Stammtisch hervorlocken können, der lieber mit der Faust draufhauen will, darf getrost bezweifelt wer­den.

Die Gegendemonstration der Antifa beginnt am 6. Oktober um 10 Uhr am Mainzer Hauptbahnhof.