Gut geprogt

platte buch

Die Namen der Musiker klingen so übertrieben wie ihre Musik: Omar Rodriguez-Lopez und Cedric Bixler-Zavala gründeten The Mars Volta im Jahr 2001. Der eine komponiert, sein Partner textet und singt. Dazu gesellt sich das bei Prog-Rock-Formationen übliche Karussell wechselnder Instrumentalstatisten, darunter John Frusciante von den Red Hot Chili Peppers, der die meisten Gitarrenparts auf der dritten Platte der Band einspielte.

Es soll um Religionskritik gehen: Doch was Bixler-Zavalas exaltierte Stimme auf »Amputechture« so alles krakeelt, läuft auf jene bedeutungsschwangeren Peinlichkeiten hinaus, ohne die solche Bands offenbar nicht auskommen.

Was also bietet uns The Mars Volta überhaupt? Mit den tasteninstrumentlastigen Seventies-Konventionen von Bands wie Emerson, Lake & Palmer haben die Texaner nichts am Hut. Bloße Andeutungen psychedelischen Keyboard-Hintergrundgewabers genügen ihnen, um vertrackte Gitarrentonkaskaden zu umrahmen. Hier und da gesellt sich ein forsch geblasenes Saxofon hinzu, um den salbungsvollen Krach zu freejazzigen Kakophonien zu steigern.

Das verblüffende Totalvertrauen in die Dominanz der totgesagten, aber wohl doch nie ganz totzukriegenden E-Gitarre erinnert bei The Mars Volta stark an Robert Fripps Band King Crimson. Auch Frusciantes Skalen klingen auf »Amputechture« stets eher sonderbar als wohltönend, und seine Wahwah-Pedal-Gymnastik mündet ins programmatische Klangdesaster. Keine Musik für’s romantische Candlelight-Dinner also – eher ein Trip in kaputte Köpfe am Rande schizophrener Schübe.

Sublime Latino-Harmonien färben diese texanischen Borderline-Stimmungen bisweilen melancholisch, um gleich wieder in schwelgerischen Verzerrungen zu versinken. Kurz: über Grenzen hinaus führt uns diese Musik nicht unbedingt, aber sie tritt auch nicht auf der Stelle.

jan süselbeck

The Mars Volta: Amputechture ­(Universal)