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Jetzt geht’s los!

Rechtschreibreform. Kein Zurück mehr, die Rechtschreibreform wird ab 1. August verbindlich. Ganz sicher. Wahrscheinlich. Auch wenn das Ergebnis einer Konferenz der Kultusminister Entschlossenheit suggerieren soll, geht in Wahrheit das Kuddelmuddel ja weiter, das dürfte allen klar sein. Man wolle, so heißt es nach der Konferenz, die Reform nun tatsächlich verbindlich machen, bei ungeklärten Fällen sollen die Lehrer jedoch weiterhin »Toleranz« üben. Was so viel heißt wie: Das Chaos geht weiter, es soll höchstens weniger Chaos geben.

Gewonnen ist mit dieser Demonstration von Durchsetzungswillen schließlich gar nichts. Printmedien, die allesamt inzwischen zu privaten Formen der Rechtschreibung übergegangen sind, werden kaum ihre mühsam zusammengeklopften Regelwerke verwerfen, nur weil die Kultusminister mal wieder irgendetwas beschlossen haben, was eh wieder nur mit Einschränkungen gilt. Der Spaß mit der Rechtschreibreform wird also weitergehen. Jeder schreibt, wie er will, und Kommas werden nach selbst erfundenen Regeln gesetzt, die Anarchie in Deutschland kommt dann demnächst. (aha)

Crazy, indeed

Klingeltonhit. Großbritannien ist ein herrliches Land. Die Menschen sind besser angezogen, die Fußballer sind cool, und niemand hört deutsche Schlager. Es ist die Heimat der besseren Popkultur, von Oasis und all den anderen unglaublich glamourösen Bands. Das denkt man sich immer wieder, hier im tristen Deutschland, wenn mal wieder die Böhsen Onkelz die Spitze der Hitparade anführen und deutsche Rapper plötzlich mit dem Bundesadler auf der Schulter daherkommen.

Doch, ach, auch in Großbritannien regiert nicht nur guter Geschmack, und nicht nur Bands von Anzugträgern landen in den Charts. Bereits vor ein paar Jahren mussten wir den Gau erleben, dass DJ Ötzi nicht nur hierzulande großes Interesse mit der Bekanntgabe errregte, er sei der Anton aus Tirol. Bizarrerweise landete dieser Fetenhit und Hüttenzauberschlager auch in Großbritannien in den Top Ten, womit das Land einiges von seinem Nimbus einbüßte, ein Schutzwall gegen den schlechten Geschmack zu sein.

Richtig bitter ist nun die Meldung, dass erstmals in der Geschichte der britischen Charts ein Klingeltonlied Platz eins erobern konnte und sich sogar noch vor der neuen Hitsingle der hysterisch verehrten Coldplay platzierte. Zu allem Übel handelt es sich auch noch um eine extrem furchterliche Variante der Handy-Gimmicks, und zwar um »Crazy Frog«, das sich die deutsche Band Bass Bumbers ausgedacht hat. »Crazy Frog« beruht auf der Melodie von Harold Faltermeyers »Axel F«, und im passenden Werbeclip zum Klingelton düst ein prolliger Frosch mit Machoallüren durch die Gegend.

Interessant ist auch, dass sich deutsche Popmusik ansonsten vergeblich bemüht, international einen Stich zu machen, von elektronischer Musik einmal abgesehen. Doch in ihrer schlimmsten Form, als Klingeltonsound, schafft sie es plötzlich, selbst die britischen Charts zu knacken. Ist Großbritannien am Ende popkulturell viel ärger dran, als wir es uns bislang vorstellen konnten? (aha)

Gut für die Bildung

Kulturrevolution. Ein interessant zu sein scheinendes Buch mischt derzeit die amerikanische Kulturkritik auf: Steven Johnsons »Everything Bad Is Good For You«. Die Grundthese des Buches lautet, wie der Titel es bereits andeutet, dass all das, was Kulturpessimisten andauernd schlecht reden – Soaps, »Big Brother«, Talkshows, »Desperate Housewives«, Computerspiele – eben kein kultureller Ramsch, sondern intellektuell wertvolle Kulturgüter seien. Gut, das behaupten die Vertreter der Cultural Studies schon seit Jahren, doch so weit wie Johnson scheinen selbst sie nicht gehen zu wollen.

Johnson macht erstmal nichts anderes, als das ganze bürgerliche Wertesystem schlichtweg umzudrehen. Pädagogen wollen ihren Schülern einreden, mehr zu lesen, dann klappt’s auch mit Pisa. Johnson dagegen behauptet: Spielt ruhig weiter interaktive Computergames, die bringen mehr als jedes gute Buch.

Klingen recht erfrischend, die Thesen Johnsons. Die Hüter der echten Kultur werden jedenfalls aufheulen. In Deutschland, wo man mit den Cultural Studies noch nie so viel anfangen konnte wie im angloamerikanischen Raum, dürfte man mit Johnsons Provokationen so viel anfangen können wie ein guter Christ mit den Schriften Aleister Crowleys. (aha)

Motorenwechsel

Apple. Sollte der Autoproduzent Ferrari einmal verkünden, er wolle seine eigene Motorenproduktion einstellen und seine Fahrzeuge mit den Produkten der Konkurrenz auf die Straße schicken, bräche für Ferraristi eine Welt zusammen. Nicht weniger wegweisend scheinen die Gerüchte, dass sich der kalifornische Hard- und Softwareproduzent Apple von seinem Herzstück, dem PowerPC-Prozessor, trennen will. Nach Berichten des Wall Street Journal strebt Apple für das Jahr 2006 den Einbau von Intel-Prozessoren in Teile seiner Hardware-Palette an.

Zwar ließ Apple den Bericht umgehend dementieren, doch der Beweis, dass der Betriebssystemkern von MacOS X, Darwin, auch auf anderen Prozessoren wie denen von Intel oder AMD läuft, ist längst erbracht. Mit dem Austieg von Apple verlöre die 1994 von IBM und Motorola gegründete PowerPC-Allianz einen ihrer wichtigsten Abnehmer. Experten sehen darin bereits ein mögliches Ende der Power-PC-Plattform. Alle Hobby-Bastler, die dem Betriebssystem von Apple offen gegenüberstehen, aber vor der Anschaffung der überteuerten Hardware bisher zurückschreckten, wird’s freuen. (hh)