Puccini zur Pasta

in die presse

In der L.A. Times wird mit dem Thema »Ich, meine Seele und mein Körper« um einiges weniger verklemmt umgegangen als in der neuen Beilage Wohl fühlen der SZ, die der Zeitung vierteljährlich im Magazinformat beiligen soll. Die L.A. Times ist vollgepflastert mit Anzeigen, in denen für Schönheitsoperationen geworben wird. Derartige Anzeigen sind bei Wohl fühlen unerwünscht. In dem Blatt geht es ausschließlich um das Echte, Wahre und Schöne, das der Mensch doch bitte im Einklang mit seiner Natur finden möchte, es ist das Magazin, »wo die Seele zu Hause ist« (Artikelüberschrift).

Selbst ein Anzeigenkunde wie McDonald’s, eigentlich bekannt als Hersteller ungemein ungesunder Fleichsklopse, zeigt sich in Wohl fühlen von seiner salatigsten Seite. Beworben wird hier einmal nicht der Royal TS oder bevorstehende »Los Wochos«, sondern Esswaren, die ausschließlich so aussehen, als könne man sie sich auch im Biomarkt um die Ecke abholen.

»Wellness« lautet das Schlagwort, um das sich in Wohl fühlen alles dreht. Unter »Wellness« lässt sich all das subsumieren, was uns die Ökoindustrie bis hin zum Deutschen Sportbund zur Freizeitgestaltung empfiehlt, damit wir auch fürderhin die Krankenkassen nicht belasten. In Wohl fühlen findet sich freilich all das zum Thema, von dem selbst diejenigen längst Bescheid wussten, die sich nicht die Bohne um ihre eigene Gesundheit kümmern. »Sonne und frische Luft - nichts hilft besser gegen Frühjahrsmüdigkeit«, belehrt die Unterzeile eines Artikels. Man erfährt, dass es gesund ist, viel Wasser zu trinken, nicht jede Diät super ist und sich auszuruhen ziemlich geruhsam sein kann. In irgendeinem der Artikel steht bestimmt auch geschrieben, dass Äpfel essen auf Dauer gesünder ist als Zigaretten rauchen. Kurz: Die Weisheiten, die Wohl fühlen verbreitet, sind so banal, dass sie auch von meinem Yogalehrer oder meiner Großmutter stammen könnten.

andreas hartmann