Quallelujah!

Fit bleiben bei 38 Grad im Schatten
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Jeden Sommer stellt sich Hobbysportlern die gleiche, leidige Frage: Wie bleibt man eigentlich im Training, wenn draußen die Hitze brüllt wie die Fankurve beim Führungstreffer in der Nachspielzeit? Selbst Sportmediziner sind sich da nicht einig. Die Konservativen unter ihnen empfehlen klassische Hochsommerdisziplinen: Schattenschach etwa, oder Hallenhalma. Progressive Ärzte hingegen raten, sich während der schlimmsten Hitzewellen ein atmungsaktives Leibchen überzustreifen und per Fahrrad die 3 400 Kilometer von Paris nach Paris zurückzulegen.

Vergessen wird bei dieser Debatte, dass es eine ganze Reihe von Hochsommer-Sportarten gibt, die teilweise auf eine lange Geschichte zurückblicken können.

Eisschnellkaufen zum Beispiel gehörte zu den wichtigsten olympischen Disziplinen der griechischen Antike. Wie Homer schildert, starteten die Läufer eine Viertel Stadionrunde von einer Eisbude entfernt. Wer zuerst die Strecke zurückgelegt und seine Eiswaffel passend bezahlt hatte, dem gebührte der Siegerkranz. Leider wurde das Eisschnellkaufen über die Jahrhunderte völlig degeneriert. Erst ließ man die Geldbörsen weg, dann verschwand die Eisbude im Zielbereich. Übrig blieb eine öde Veranstaltung, die als sog. »100-Meter-Sprint« jedes Weltcupmeeting versaut.

Eng verwandt ist das Kunsteiskaufen. Hier beträgt die Laufstrecke 3 000 Meter, und unterwegs gilt es eine ganze Reihe von Hindernissen und Gräben zu überwinden. Seit Jahrzehnten dominieren hier die afrikanischen Läufer, die ja als Kind teilweise bis zu 20 Kilometer zur nächsten Kühltruhe laufen müssen.

Wildwasserlassen geht eigentlich immer und überall. Einen Parcours benennen, Blase bis zum Rand füllen, und wer alle abgesprochenen Stopps als erster gewässert hat, gewinnt. Macht am meisten Spaß in Innenstädten, wo oft genug gegnerische Teams (sog. »Wachschutzmänner«) einzugreifen versuchen.

Wer den Strand liebt, kennt den Schlachtruf »Quallelujah!«. Mit ihm kommentieren die Quallball-Spieler einen besonders gelungenen Zug. Sobald wegen zu hohen Quallenaufkommens ein Badeverbot ausgesprochen wird, sammeln die Fans dieser dem Rugby ähnlichen Disziplin einige Dutzend der Tiere im kniehohen Wasser. Dann versuchen sie, gegen den erbitterten Widerstand ihrer Gegner möglichst viele davon zu zwei Strandkörben zu tragen, die vorher als Tore abgesprochen wurden. Wer es besonders hart mag, bevorzugt das in Asbest-Anzügen gespielte Feuerquallball. Leider sind Quallballer häufig raue Gesellen. Läuft ihnen beispielsweise ein unaufmerksamer Outwaterschnorchler über das Spielfeld, weil ihm seine Taucherbrille beschlagen ist, kommt es häufig zu Schlägereien.

Um dann alle wieder zu beruhigen, hilft am besten eine Runde Leichtpathetik. Diese Sportart machte sich ursprünglich als Freestyle Rap in den US-amerikanischen Schwarzenviertel auf ihren Weg nach Europa, hatte sich aber schon entscheidend gewandelt, bis sie sich als Studentensport an germanistischen Fakultäten durchsetzte. Seither trifft man sich in der Dämmerung unter einem Machandel- oder Zitronenbaum, um spontan Gedichte zu ersinnen, die auf Reimwörter wie »Hochgeziet« oder »vil edel Magedin« enden.

knud kohr