LeserInnenworld

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Jungle World, 10/03: »Drink global«

Trink Vita-Cola!

War das nun Satire, Realsatire oder einfach der Versuch eines Werbetextes? Sofern man unter Internationalismus nicht den Kampf gegen Nationalismen oder die Abschaffung der Nationalstaaten versteht, sondern die Nivellierung aller regionalen Eigentümlichkeiten, ist die Verbindung zu Coca-Cola nachvollziehbar, und es wäre kaum verwunderlich, wenn demnächst McDonald’s zur Speerspitze der Weltrevolution erklärt würde.

daniel dübner

Jungle World, Irak-Berichterstattung

Irak und anderes

Genau genommen kann es gar keine Partei für eine Linke in dieser Konstellation geben. Eine Regierung, die internationales Recht bricht, zieht gegen einen anderen zu Felde, der das Gleiche macht. Ach ja, um Öl geht es ja auch noch. Aber die zerbombten Kinder? Geschenkt, die Leichen in Sri Lanka oder Angola interessieren auch keine Sau. So notwendig und berechtigt die Proteste gegen einen Irakkrieg auch sind, so unbehaglich sind manche Aspekte daran.

sebastian

Her mit Alf!

Möglichkeiten, wer, wie, wann und wo zur Überwindung bzw. Lösung von Krisen wie der Irakkrise und deren Ursachen beitragen sollte oder besser nicht sollte, füllen die Tageszeitungen nicht erst des 21. Jahrhunderts. Dabei ist die Antwort so einfach. Sie liegt in den ureigenen Instinkten der Natur und lässt sich mathematisch paraphrasieren: Zu jedem individualistischen und heterogenen Nenner lässt sich ein homogener Bezugspunkt, gewissermaßen ein Hauptnenner, finden. Wählt man beispielsweise eine der gesamten Weltbevölkerung gegenüberstehende akute außerirdische Bedrohung als Hauptnenner, ist realistisch vorstellbar, dass sich alle Krisen dieser Erde wie von Geisterhand selber lösen würden. Also, im Sinne von Frieden und menschlicher Nächstenliebe, her mit Alf und seiner Bande!

mirko niehoff

Jungle World, 9/03: »Last night of the Bombs«

Täter als Personen

Kaum ein Historiker würde heute noch behaupten, die Bombenangriffe hätten eine kriegsverkürzende Wirkung gehabt. Nicht, weil er sich dies neuerdings nicht mehr trauen könnte, sondern weil es einfach nachgewiesen falsch ist. Es ist eine antideutsche Modernität, völkische Ideologie zu reproduzieren, die sich vor allem durch die Konstruktion von homogenen Bewusstseins- und Täterkollektiven auszeichnet. Aber es gibt kein Tätervolk. Es gibt kein Opfervolk. Es gibt nur Opfer und Täter als Personen, eingebettet in soziale Verhängnisse. Die antideutsche Behauptung der »schuldigen« Deutschen ist unter zivilisatorischen Gesichtspunkten ein Akt der Barbarei. Deutsche Täter sind keine Opfer? Britische Bomberpiloten sind auch keine Opfer! Und wenn es nur noch Täter gibt? Schlaf ein, liebe Linke. Ich gedenke der ungezählten Toten der Angriffe, der in Dresden und anderswo eingeschlossenen Zwangsarbeiter, Verfolgten und Flüchtlinge, Frauen, Kinder und Alten. Ihr Tod hat den Krieg nicht verkürzt, er hat die Barbarei nur vergrößert.

raoul lohoff