Pardon wird nicht gegeben

Hier will jemand in den Verein für die »Selbstbehauptung« (Martin Heidegger/Roger Willemsen) der Relevanz eintreten: »Tatsache ist, dass MRR (Marcel Reich-Ranicki; S.R.) Musils peinigendes Nichtfertigwerden, seine Erfolglosigkeit und seinen Selbstzweifel in Zusammenhang mit einem bisweilen ins Größenwahnsinnige driftenden Selbstbewusstsein nicht erträgt; er bescheinigt dem Schriftsteller eine 'pathologische Mentalität'.« Stimmt zwar nicht, da steht »wohl teilweise pathologische Mentalität«, aber Kleinigkeit für Ina Hartwig in der Frankfurter Rundschau (19. September).

»Das Lachen bleibt einem im Halse stecken: Sollen wir jetzt wieder Gesundheit und Literatur zusammendenken?« fragt Hartwig weiter. Sollen wir oder wollen wir? Fragen Sie dazu auch Dr. med. Willi Wichtig (Jungle World, 38/02).

»Dieser von einer befremdlichen Aversion diktierte Essay kulminiert schließlich in dem Vorwurf: 'Missbrauch der Romanform'. Das folgt, pardon, der Logik von Parteiausschlüssen.« Hartwigs von befremdlicher Aversion diktierter Artikel will hier vielleicht an Reich-Ranickis polnische Zeit erinnern. Oder fürchtet sie sich vor einem vom Großen Vorsitzenden Ehrl-König erlassenen Parteiausschluss? Sie sollte keine Sorge haben, eine Partei, die, Pardon, ruchlose Opportunisten ausschließt, hat es bei uns noch nie gegeben. Wir befinden uns in einem Land, in dem die Hartwigs das Kursbuch herausgeben und den Kurs bestimmen.

Meanwhile in the Steinfeld: Marcel Reich-Ranickis »'Kanon' ist im Geist einer Fernsehsendung namens 'Wer wird Millionär?' entstanden« (20. September). Aber wer wird denn nun Millionär? »An solchem Instrumentalismus indessen geht alle Bildung zugrunde«, nicht aber der eiserne Wille der Süddeutschen Zeitung, öffentlich den »Tod eines Kritikers« aufzuführen. »Wer aber glaubt, den 'Kanon' dekretieren zu können, der hält sich selbst für unvergänglich.« Oder ist er es? Martin Walser warnte, den jüdischen Kritiker umzubringen, helfe nichts, er sei unsterblich. Bis zum Beweis des Gegenteils. Und vorher werden Thomas Steinfeld und seine Freundinnen und Freunde nicht zum Halali blasen.