Osteuropäisches Theaterfestival in Potsdam: Unidram

Tanz gegen die Globalisierung

In Bukarest gebe es nach den Aufführungen immer ein paar Leute, die ihr Geld wiederhaben wollen. Der junge Regisseur Theodor-Cristian Popescu ist sichtlich zufrieden und löffelt sein polnisches Bigos vom Premierenbuffet. Das Publikum nämlich, dass zu »Teatrul Nottara/Compania Teatralna 777« und damit zur Auftaktveranstaltung des 8. Festivals für Osteuropäisches und Deutsches Off-Theater Unidram nach Potsdam gekommen war, wollte am Ende einfach weiter applaudieren.

Die Bühne ist schlicht. Im Hintergrund zwei Käfige, eine verwaiste Tuba an der Seite, dazu melancholische Musik. Männer und Frauen, die tanzen; ein Kampf um Nähe und Distanz, den die Dartsteller mal einsam exhibitionistisch, mal glücklich vereint austragen. Tanzen, steppen, stöhnen, weinen. Wohin mit dem eigenen Ich, der eigenen Lust? Sicherlich begeistern einen die zärtlich-komischen Aufwachversuche der ineinander verkeilten halbnackten Männer auch deshalb, weil hier jedes Klischee osteuropäischen Traditionalismus gebrochen wird. Es ist aber auch die energische Tragikomik mit einem Hauch rumänischer Exotik, die »DaDaDans« zu einem eindrucksvollen Erlebnis werden lässt.

Ganz im Gegensatz zu den zwei Performances der viel zu moralischen Künstlergruppe Akademia Ruchu, des Inbegriffs gesellschaftskritischen Off-Theaters im Polen vor allem der siebziger und achtziger Jahre. Sie wollen keine Antworten geben, sondern einfach ihre eigenen Fragen aufwerfen über die Welt, erzählt Zbigniew Olkiewicz, einer der fünf Performer. Komisch nur, dass man das Gefühl nicht loswird, belehrt zu werden.

So etwa in »Mauritius«, wenn in ständiger Redundanz zum Thema Geld rot leuchtende Rechenkugeln hin und her geschoben, in »Exit« zum Thema Genforschung kleine Puppen in große Reagenzgläser gestopft werden oder wenn die Vereinzelungsgefahr in einer globalisierten Welt per Computeranimation mit Sätzen wie »save your lonelyness« oder »time is our own misery« über die Leinwand schleicht. Bis einzelne Worte mit Kriegsakustik explodieren. Dazu unerbittlich elektronische Musik. Einige Textfragmente seien von Stanislaw Lem, meint Zbigniew; nur hat der normalerweise Humor, oder?

Umso angenehmer, nach diesem technischen Spektakel in die Steinzeit zurückzukehren. Die bleichen Tierknochen liegen eiförmig auf der Bühne, irgendwo tropft Wasser, und im Hintergrund hängen quadratische Aschezeichnungen, aus denen kalkig weiß und unbeholfen - unklar, was es wird - der Aschevogel leise krächzend hervorkriecht.

Objektkünstler Benas Sarkas kommt von der litauischen Küste. Seine Performances handeln von dem, was das Meer anspült, er lässt Schrott tanzen und verbindet mit seinem Körper all die Dinge zu einem seltsam zauberhaften Klangspiel. Am Ende verschwindet das Ei, verschwindet der Vogel, und eine echte litauische Gans betritt die Bühne.