Frauen in die Bundeswehr?

Soldatinnen - und nun?

Die Präsenz von Frauen optimiert die Reproduktion der sexistischen Grundstruktur des Militärs.

Die Pro- und Contrapositionen in der Debatte um den Zugang von Frauen zur Bundeswehr basieren mehrheitlich auf einer Fragestellung, die zu merkwürdigen Allianzen führen kann. Besonders interessant ist die Variante der befürwortenden Haltung, die einen militärischen Modernisierungsschub als Emanzipation und Gleichstellung verkaufen möchte. Andere BefürworterInnen glauben, wegen der Präsenz von Frauen im Militär werde die Einrichtung eine weniger kriegerische Form annehmen. Aber Frauen melden sich nicht zur Bundeswehr, um die Institution zu humanisieren, denn der Eintritt setzt ihre Zustimmung zu den dort gegebenen Bedingungen voraus. Die GegnerInnen wollen indes nicht wahrhaben, dass Frauen sich durchaus bewusst für das Töten entscheiden können und deshalb das Recht auf Mord gerichtlich einklagen.

Vielen BefürworterInnen und GegnerInnen ist gemein, dass sie in den Auseinandersetzungen um Frauen in der Bundeswehr auf biologistische Denkmuster rekurrieren. Das Bild von der friedliebenden Frau kann von beiden Seiten argumentativ bedient werden. Auch die Gegenbilder, beispielsweise die lesbische Kommissarin, haben längst Eingang in Krimiserien oder Talkshows gefunden. Doch die vermeintlichen Gegenbilder von starken Frauen sind ebenso verklärt wie das bislang gesellschaftlich anerkannte Rollenmuster von der fürsorglichen, friedensstiftenen Frau. Beide Stereotypen bringen die Diskussion um Soldatinnen nicht weiter.

Bekanntermaßen besitzt das Militär eine sexistische Grundstruktur, um eine patriarchal-männliche Identität herauszubilden. Frauen sind hier immer als auf ihren Körper reduzierte Objekte, beispielsweise als Pinup, präsent gewesen. So genannte schwächere Männer müssen damit rechnen, zu Frauen oder Schwulen umgedeutet zu werden. Neue Rekruten begrüßt die Truppe beispielsweise als »Rotärsche«, was bedeutet, dass der Hintern wund ist vom »Fick« der Vorgesetzten. Damit wird eine als natürlich angesehene Tatsache ausgesprochen: Männer vergewaltigen und die Vergewaltigten sind Nichtmänner - Frauen oder Schwule eben. Diese Grundstruktur kann nun mit der Anwesenheit von realen Frauen noch besser reproduziert werden.

Das Militär fußt also auf der Reproduktion einer männlichen Identität, die derart gefestigt ist, dass eine Gesellschaft ohne Menschen in Uniformen unvorstellbar erscheint. Deshalb ist die Bundeswehr in der Lage, den Eintritt von Frauen in traditionell Männern zugewiesene Bereiche zu organisieren, ohne dass eine Destabilisierung des bestehenden Herrschaftsverhältnisses droht.

Die Präsenz von Frauen in der Bundeswehr löst keinesfalls eine Verwirrung der Geschlechterordnung aus, im Gegenteil, eher dient sie der Festigung bestehender Rollenbilder. Denn die Institution ist auf die binäre Konstruktion von Geschlecht angewiesen. Die angenommene biologische Differenz zwischen Männern und Frauen bildet die Ausgangsbasis für hierarchisierte soziale Geschlechterrollen. Diese soziale Asymmetrie wird permanent gewalttätig durchgesetzt und als naturalisiertes Verhältnis nicht hinterfragt.

Kurz gesagt: Die patriarchale Funktion des Mannes ist konstitutiv in die Institution Militär eingeschrieben. Diese Funktion kann auch von einer biologischen Frau oder Transe eingenommen werden. Denn die wichtigste Bedingung ist das Funktionieren nach patriarchalen Prinzipien: das Akzeptieren von Gehorsam und Befehl, von formalen Hierarchien und nicht zuletzt von Gewalt und Mord als Mittel der Durchsetzung von Machtinteressen.

Zweifellos wird es innerhalb des Militärs zu sexistischen Übergriffen auf Frauen kommen. Zweifellos werden Frauen aber auch beweisen, dass sie ebenso erfolgreich kriegerische Funktionen ausüben können wie ihre männlichen Kameraden. Wenn deutsche Soldaten Mörder und Vergewaltiger sind, so sind Soldatinnen Mörderinnen. Dies zu wissen reicht aus, um sie unterschiedslos anzugreifen, wenn sie sich uniformiert auf der Straße zeigen. Für Linke kann die Rezeption queerer Diskurse nicht bedeuten, gepflegte Übergänge von Blau zu Rosa - oder umgekehrt - zu organisieren, sondern das Prinzip der rigiden Zweigeschlechtlichkeit, auf das sich das Militär bezieht, als ein zentrales Fundament patriarchaler Herrschaft zu zerstören. In diesem Sinne ist nicht die militärische Aufrüstung durch Frauen, sondern die Zersetzung militarisierter sozialer Strukturen unser Ziel.

Samira Fansa ist Transgender-Aktivistin. Ihre Erklärung zum Fischer-Farbbeutelprozess ist abrufbar unter: www.aggpg.de