Konrad Adam wider die Weichspüler

Überall Westerwellen

Über ihrem unbändigen Hass auf die "Zivilgesellschaft" - hinter dem in manchen Fällen bloß die Sehnsucht nach der Despotie steht - scheint die Linke zu vergessen, dass es auch rechte Gegner der "Zivilgesellschaft" gibt. Oder doch nicht? Würde die Linke vielleicht mit Typen wie Konrad Adam besser zurechtkommen als mit irgendeinem "Gutmenschen" aus der NGO? Ich halte es für möglich.

Wie der Adam (FAZ, 4. November) gegen die "Politische Romantik", ihre Gefühligkeit, Schwammigkeit, ihre "schönen Namen" zu Felde zieht, das gefällt auch den Linksautoritären. Der Grundsatz der zivilgesellschaftlichen "Neuen Mitte", schreibt er, laute: "kein Ja ohne ein Nein, keine Entlastung ohne eine Belastung, kein Schritt nach vorn ohne einen zurück". Überall Entscheidungsschwäche, Unübersichtlichkeit und unsaubere Manieren. Und das alles, weil die "Liebhaber der alternativen Lebensformen und der modernen oder postmodernen Partnerschaften" gern lau baden.

Dann kommt sie wieder mit so etwas wie einem "Antidiskriminierungsgesetz", die menschelnde Bande, obwohl doch die "Schlechterstellung, über die sich die Gleichgeschlechtlichen" und ihre postmodernen Freundinnen "so laut beklagen", kaum zu beweisen sei. Reden wir Fraktur: "Artikel 6 des Grundgesetzes stellt Ehe und Familie ja nicht deshalb unter den besonderen Schutz der staatlichen Gemeinschaft, weil der Verfassungsgeber sentimental veranlagt war und etwas für die Liebe tun wollte. Er handelte in Anerkennung der Tatsache, dass ohne Nachwuchs kein Staat zu machen ist (...)." Wo soll die industrielle Reservearmee, wo die Armee, wo sollen die FAZ-Leitartikler herangezüchtet werden? Doch gewiss nicht im Tuntenclub.

Und wer hat uns die "Plage von heute" beschert? Nicht die Linke, nicht die Rechte. "Reformpolitiker wie Herta Däubler-Gmelin, der Grüne Volker Beck und der bekannte Guido, der auch auf dieser Welle schwimmt". Es ist merkwürdig: Früher sagte der Schwulenfeind, immerhin einen Homophilen kenne er, der sich anständig zu benehmen wisse. Heute heißt es in FAZ und taz (26. Juli): Die Schwulen, das sind doch die mit der Westerwelle. Jetzt kennt man nur noch diesen einen und findet ihn unsympathisch.

Wollen wir Adam so weit folgen: Ein Antidiskriminierungsgesetz ist überflüssig. Es ist bloß demokratische Fassade. Dass allerdings "Gleichgeschlechtliche" nicht mehr diskriminiert werden, glaubt wohl nicht einmal Adam selbst. Er hat seinen Artikel ja eigens geschrieben, um zu zeigen, dass man sie ab und zu ein wenig diskriminieren muss, damit sie nicht übermütig werden und den Staat einstürzen. Denn wenn es nicht gegen den inneren, den innenpolitischen Schweinehund, gewissermaßen die postmodernen Sissys, ginge, verstünde man nicht, weshalb Konrad Adam seine Politik der kalten Dusche am Morgen betreibt. Er sagt es am Ende noch einmal zum Mitschreiben: Alle gesellschaftlichen Abmachungen seien nichts wert, "wenn es an jungen Leuten fehlt, die fleißig, intelligent und loyal genug sind, um alle Lasten, die man ihnen aufgebürdet hat, zu tragen". Zäh wie Krupp-Stahl oder so ähnlich. Gibt's ja nicht mehr. So weit sei es gekommen, dass "die Rentner die Rentner bezahlen" und bald auch "die Toten die Toten begraben". So wenig Respekt vor den alten Kameraden.

Indem ich (viel zu oft übrigens) die FAZ kaufe, bezahle wenigstens ich Konrad Adams Rente. Nun sollte er sie aber auch in Anspruch nehmen.