Der Schwergewichtsboxer Andrew Andrzej Golota

Polish Low Blow

In Polen, wo er herkommt, heißt Andrew Golota mit Vornamen Andrzej, in den USA, wo er wohnt und arbeitet, nennen sie Andrzej Golota einfach Andrew. Seit 1991 lebt er in Chicago, denn das hatte für ihn zunächst berufliche Vorteile. Andrew Golota ist Berufsboxer. 1988 hatte er als Andrzej noch für Polen eine Bronzemedaille bei den Olympischen Spielen gewonnen.

In Polen, wo er noch nie als Profi geboxt hat, besitzt Golota eine große Fangemeinde. Als der Schwergewichtler kurz vor der größten Chance seines Lebens stand, den WM-Kampf gegen Lennox Lewis am 4. Oktober 1997 zu gewinnen, da häuften sich auf seiner Fanpage im Internet die Lobesmails: "Andrew is the best", mailte ein Johnny Krzeszowiec aus Kattowice. "He is going to kick Lewis ass", ergänzte in beinahe gutem Englisch ein Chez Kwiatkowski. Und ein Ludas Lowiczak aus Poznan prognostizierte: "Polish fighter is going to kill Lennox Lewis", während ganz aus der Ferne ein Eric mitteilte, "Golota is Number here in the Philippines". Was wohl entweder heißen sollte, daß er eine Nummer ist oder aber unter den Boxsportinteressierten auf den Philippinen gar als die Nummer eins gilt.

Was es wirklich heißen sollte, ist egal, denn Lennox Lewis schlug Golota in der ersten Runde k.o. Nach 95 Sekunden waren die Hoffnungen der Internet-Gemeinde, endlich einen polnischen Boxweltmeister zu haben, schon wieder vorbei. Lewis hatte sich mit gutem Grund so angestrengt. "Ich wollte ihn k.o. schlagen, bevor er die Gelegenheit hatte, irgendwelche Fouls zu begehen", sagte er nach dem Fight.

In den USA im allgemeinen und in der Profiboxszene im besonderen gilt Andrew Golota als einer der unfairsten Boxer der letzten Jahre, sein Spitzname lautet "Mr. Low Blow". Gegen den Ex-Weltmeister Riddick Bowe war er bereits vor drei Jahren wegen Tiefschlagens disqualifiziert worden. Nach dem Richterspruch kam es zu einer Massenschlägerei, die von der Polizei durch Verhaftung von zehn Personen - darunter Golotas Manager - beendet wurde. Im zweiten Kampf, im Dezember 1996 dann, wurde Golota erneut disqualifziert. Der Grund für sein Ausscheiden auch diesmal: Schläge unter die Gürtellinie.

In beiden Kämpfen aber hatte Golota nach Punkten geführt, in beiden Kämpfen wurde er heftig von polnischen US-Amerikanern im Publikum unterstützt. Das Zeug jedoch zum richtigen Helden hatte Andrzej Golota nicht. Unter anderem lag das wohl daran, daß Golota in Polen per Strafbefehl gesucht wurde. Im Mai 1990 hatte er in Wloclawek einen Mann zunächst mit einer Gaspistole bedroht, ihn danach geschlagen und verletzt.

Doch die Kämpfe, die ihn woanders zur verhaßten Person machten, verhalfen ihm in Polen zu einer gewissen Popularität. Statt der ihm drohenden Strafe über sechs Jahre verurteilte ihn ein Gericht in Wloclawek zu zwei Jahren auf Bewährung. Er habe dem Opfer zwar Hose, Hemd und Schuhe gestohlen, aber keine Körperverletzung begangen.

Ein halbes Jahr später reduzierten die Richter die Strafe auf ein Jahr, denn Golota, so das Urteil, verfolgte beim Verhauen keine materiellen Ziele. Erst durch die Anfeindungen in seiner neuen Heimat USA hat sich Andrew Golota Anerkennung in seinem Herkunftsland Polen verschafft. Wie es sich entwickelte, käme er als Andrzej Golota zurück, muß vorerst offen bleiben.