Last minute nach Potsdam

DVU und NPD bereiten sich auf die Landtagswahlen in Brandenburg vor

Steige hoch, du brauner Adler: Auch für die extreme Rechte geht der Wahlkampf für die Brandenburger Landtagswahlen am 5. September in die heiße Phase. Schließlich wird um ein WählerInnenpotential geworben, das nach Meinungsumfragen zu zwölf bis 17 Prozent rechten Einstellungen anhängt und auch entsprechend wählen würde - sollte ein entsprechendes Angebot gemacht werden. Um dieses Wählerpotential buhlt neben der DVU und der NPD auch der Bund Freier Bürger. Der angeschlagene Landesverband der Republikaner zog es hingegen vor, nicht zur Wahl anzutreten.

Insbesondere die DVU hofft, im Flächenstaat Brandenburg einen ähnlichen Erfolg wie in Sachsen-Anhalt zu erzielen. Dort hatte die DVU im Frühjahr letzten Jahres bei den Landtagswahlen trotz kaum vorhandener Basisstrukturen mit einer Materialschlacht und relativ unbekannten Kandidaten 12,9 Prozent der Stimmen erhalten.

Bei den JungwählerInnen im Alter zwischen 18 und 25 Jahren kam die Partei des rechtsextremen Millionärs Gerhard Frey aus München sogar auf knapp 25 Prozent aller Stimmen - und überflügelte damit alle etablierten Parteien. Ein Jahr danach sieht es in der durch Austritte und interne Querelen von 16 auf zwölf Abgeordnete geschrumpften DVU-Landtagsfraktion in Magdeburg desolat aus. Die DVU-Anträge im Landtag behandeln Freifahrten für Rentner in Bussen und Bahnen, den Tierschutz als Verfassungsziel und die bewährten rassistischen Ausfälle gegen Flüchtlinge und MigrantInnen, deren schnelle Abschiebung regelmäßig gefordert wird.

Das hindert Frey und seine Führungsmannschaft aus München aber nicht daran, bei den brandenburgischen Landtagswahlen mit einem ähnlichen Konzept wie in Sachsen-Anhalt anzutreten. Frey geht es vor allem um die Wahlkampfkostenrückerstattung, die monatlichen Fraktionszuschüsse und sein eigenes Medienprofil.

All das läßt sich der DVU-Vorsitzende auch in Brandenburg einiges kosten: Rund zwei Millionen Mark will die DVU in den Wahlkampf investieren. Zwei Wochen vor dem Wahltermin sollen dann 50 000 Plakate geklebt und rund 500 000 Parteiprogramme verschickt werden. In letzter Minute will man so noch unentschlossene WählerInnen überzeugen.

Auf öffentliche Veranstaltungen wird die DVU - wie auch schon in Sachsen-Anhalt - wohl verzichten. Statt dessen erhalten die rund 200 brandenburgischen DVU-Mitglieder jeden Monat Einladungen zu halb-konspirativen Veranstaltungen. Ihnen werden lediglich Abfahrtszeiten und -orte von gemieteten Bussen mitgeteilt, die sie dann zu Veranstaltungen bringen.

Mit diesem Vorgehen sollen antifaschistische Proteste auf ein Minimum beschränkt werden. Immer funktioniert das nicht: So fanden sich bei der brandenburgischen Wahlkampfauftaktveranstaltung mit Frey am 26. Juli in der Dorfkneipe "Zum Prignitzer" in Legde, einem Dorf in der Prignitz, trotz Geheimhaltung antifaschistische GegendemonstrantInnen ein. Für einen ungestörten Ablauf der DVU-Veranstaltungen sorgte dann die weiträumige Absperrung der brandenburgischen Polizei.

Auf die KanditatInnen für die brandenburgische Landesliste - auf Direktkandidaten verzichtet die DVU - hatte sich die Partei bereits Ende März in Berlin-Spandau festgelegt. Anstelle einer geheimen Wahl durch die 400 anwesenden Parteimitglieder suchte Frey die potentiellen KandidatInnen in Einzelgesprächen selbst aus und ließ sie dann in offener Abstimmung per Handzeichen absegnen.

Offenbar will die DVU nicht noch einmal - wie in Sachsen-Anhalt - von den Medien über die Vergangenheit der eigenen Abgeordneten aufgeklärt werden. Auf der Landesliste für Brandenburg finden sich ausschließlich durchschnittliche Rechtsextreme mittleren Alters. Spitzenkandidat ist der 39jährige Dreher Michael Claus aus Petershagen bei Strausberg, der als sein wichtigstes Thema die Errichtung neuer "Zuchthäuser für Schwerverbrecher" in Brandenburg angibt.

Auf Platz zwei folgt die 37jährige Bürokauffrau Liane Hesselbarth aus Strausberg, die sich als Ehefrau des DVU-Landesvorsitzenden Axel Hesselbarth für einen Listenplatz qualifizierte. Der ehemalige NVA-Unteroffizier Hesselbarth betreibt in Strausberg eine Schützenschule und war wegen seiner offenen Sympathie für die DDR als Kandidat ausgeschieden.

Auf den mittleren Listenplätzen finden sich Freys Getreue aus Magdeburg und Berlin wieder, auf Platz fünf beispielsweise der 49jährige Unternehmensberater Sigmar-Peter Schuldt, der sich für die Wahl eine Melde-Adresse in Brandenburg an der Havel besorgt hat. Zur Zeit arbeitet er noch bei der DVU-Fraktion in Magdeburg und wird dort als "unser Goebbels" bezeichnet.

Während die Aussicht auf Last-minute-Wahlerfolge der DVU insbesondere bei der SPD, die eigens eine Handbroschüre zur Aufklärung über rechte Parteien verfaßt hat, für Panik sorgt, betreibt die NPD ihren Wahlkampf eher im stillen. Die Neonazipartei, die in fast allen Wahlkreisen mit Direktkandidaten antritt, setzt auf altgediente Nazikader.

Angeführt wird die Landesliste von Parteichef Udo Voigt, der kurzfristig nach Hennigsdorf umgezogen ist. Auf dem zweiten Listenplatz kandidiert Jörg Hähnel, Nazibarde aus Frankfurt/Oder und JN-Bundesvorstandsmitglied, gefolgt von der 44jährigen Evelyn Schrimpf aus Storkow, dem 33jährigen Pressesprecher des NPD-Bezirksverbandes Prignitz-Ruppin Mario Schulz aus Cumlosen und dem 27jährigen Strausberger NPD-Bezirksvorsitzenden Matthias Obst.

Auf Listenplatz sieben findet sich ein altbewährter Kader der brandenburgischen Neonaziszene wieder: Der 28jährige Maik Hampel, Mitglied der verbotenen Nationalistischen Front und Mitte der neunziger Jahre "Gebietsbeauftragter Mitteldeutschland" der neonazistischen Sammlungsorganisation Hilfsgemeinschaft Nationaler Gefangener (HNG).

Nachdem ein Aufmarsch der NPD vor den EKO-Stahlwerken in Eisenhüttenstadt am 30. Juli letztinstanzlich verboten wurde, setzt die NPD, die in Brandenburg 200 eingeschriebene Mitglieder hat, nun auf Informationsstände und kurzfristige Aufmärsche in ihren Hochburgen. So sollen vor allem jugendliche Sympathisanten mobilisiert und die rechte Hegemonie auf Brandenburgs Straßen weiter ausgebaut werden.